Antrag auf ein (generelles) Verbot von Raketen und Böllern; Antrag der Stadtratsfraktion Füssen-Land


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Stadtrates, 15.12.2020

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat Sitzung des Stadtrates 15.12.2020 ö beschliessend 4

Sachverhalt

Auf beiliegenden Antrag Nr. 643 der Wählergruppe Füssen-Land vom 13.02.2020 auf ein Verbot von Raketen und Böllern wird verwiesen.

Aufgrund der bei der Stadt Füssen eingereichten Unterschriftenliste mit 67 Bürgerinnen und Bürgern des Ortsteils Weißensee-Moos/Hub, die an Silvester und Neujahr ein Abbrennverbot von Feuerwerksraketen und Böllern im Ortsteil Weißensee-Moos/Hub beantragen, schlägt die Verwaltung vor, neben den bereits bestehenden Abbrennverboten im gesamten Altstadtgebiet, im Ortsteil Weißensee-Roßmoos sowie in unmittelbarer Nähe von allen landwirtschaftlichen Gebäuden in Füssen, Hopfen am See und Weißensee künftig auch ein Abbrennverbot im Ortsteil Weißensee-Moos/Hub anzuordnen.

Die Verwaltung schlägt deshalb den Erlass einer allgemeinen Anordnung, die öffentlich bekannt gemacht wird, wie folgt vor:

„Abbrennverbot eines Kleinfeuerwerks (Klasse II);
Allgemeine Anordnung nach der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz (1. SprengV)

Aufgrund des § 24 Abs. 2 Satz 1 der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz
(1. SprengV) vom 31. Januar 1991 (BGBl. I S. 169), zuletzt geändert durch Art. 233 Elfte ZuständigkeitsanpassungsVO vom 19.6.2020 (BGBl. I S. 1328) in Verbindung mit der Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes, der Sicherheitstechnik, des Chemikalien- und Medizinproduktrechts (ASiMPV) vom 2. Dezember 1998 (GVBl S. 956) erlässt die Stadt Füssen folgende allgemeine Anordnung:

Am 31. Dezember 2020 (Silvester) und am 1. Januar 2021 (Neujahr) dürfen aus Gründen des vorbeugenden Brandschutzes pyrotechnische Gegenstände der Klasse II (Kleinfeuerwerk, z.B. Silvesterraketen) nicht abgebrannt werden

  1. im Altstadtgebiet

Reichenstraße – Schrannengasse – Schrannenplatz – Drehergasse – Franziskanergasse – Franziskanerplatz – Brunnengasse – Brotmarkt – Hutergasse – Magnusplatz – Lechhalde – Ritterstraße – Hintere Gasse – Jesuitergasse – Klosterstraße – Pfarrgässle – Spitalgasse – Floßergasse – Blutangerweg – Stadtbleiche – Faulenbachgässchen sowie an der Stadtmauer,

  1. in den Ortsteilen Roßmoos und Moos/Hub,

  1. sowie in unmittelbarer Nähe von allen landwirtschaftlichen Gebäuden in Füssen, Hopfen am See und Weißensee.

Verstöße gegen diese Anordnung, das sämtliche pyrotechnische Gegenstände der Klasse II erfasst, stellen nach § 46 Nr. 9 der 1. SprengV eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit Geldbuße geahndet werden kann.

Soweit Feuerwerkskörper außerhalb des Altstadtbereichs abgebrannt werden, wird darum gebeten, alle Überreste ordnungsgemäß zu beseitigen. Die Gastwirte bzw. Vermieter werden gebeten, auch ihre Gäste über die vorstehende Anordnung zu unterrichten.“


Ein generelles Verbot von Raketen und Böllern in der Stadt Füssen, Hopfen am See und Weißensee scheitert an den rechtlichen Voraussetzungen.

Denn das zu Grunde liegende Sprengstoffrecht ist Bundesrecht. Dieses würde zwar ein Verbot ermöglichen – aber nur in der Nähe von Gebäuden oder Anlagen, die besonders brandempfindlich sind. Das kann für das Gebiet der Innenstadt, der Altstadt, von denkmalgeschützten bzw. besonders gefährdeten oder empfindlichen Gebäuden (z.B. Senioren-, Pflegeheime, Krankenhäuser, Kindertagesstätten, Schulen usw.) sein. Eine potentiell mögliche Einschränkung für pyrotechnische Gegenstände, die nur laut knallen (Kategorie 2), müsste für jeden Einzelfall begründen, wieso in einem bestimmten Teil der Stadt eine besondere Belästigung (Lärm, nicht Feinstaub) vorliegt. Die Verordnung 1. SprengV ermöglicht damit kein flächendeckendes Abbrennverbot von Silvester-Feuerwerk für Privatpersonen – auch nicht über eine Satzung oder Allgemeinverfügung.

Auch das Bundesimmissionsschutzgesetz bietet Kommunen keine Maßnahmen an, da es sich entweder auf Anlagen bezieht – dann ist die Kommune nicht zuständig – oder auf Brennstoffe. Darunter fällt Silvester-Feuerwerk nicht.

Ein Feuerwerk zur Verringerung der Feinstaubbelastung zu verbieten, ist einer Kommune nicht möglich, solange der Gesetzgeber dazu keine neuen Gesetze erlässt. Das gesellschaftlich akzeptierte Abbrennen von Feuerwerk ist gesetzlich am 31. Dezember ab 0 Uhr bis zum 1. Januar 24 Uhr erlaubt.

Über die Gefahren von Feuerwerk informiert die Stadt die Bevölkerung jedes Jahr umfassend online und bei der Öffentlichkeitsarbeit – ebenso wird auf die Notwendigkeit der korrekten Entsorgung zum Schutz von Tier und Umwelt hingewiesen. Die Stadt appelliert jedes Jahr an alle Feiernden, beim Abbrennen von Feuerwerk Rücksicht auf Mensch und Tier zu nehmen. Insbesondere in größeren Menschenansammlungen sollte auf das Zünden von Böllern und Raketen verzichtet werden.

Zur Ziffer 3 des Antrags:

Der Stadt Füssen liegt ein Antrag mit Eventkonzept zur Durchführung einer Silvester-Lasershow zum Jahreswechsel 2021/2022 auf dem Festplatz in der Kemptener Straße vor (Antragstellerin Frau Jutta Ehlermann – „Füssener Lichtspiele 2021“). Gemäß Art. 11a Satz 2 des Bayerischen Naturschutzgesetzes (BayNatSchG) sind Himmelsstrahler und Einrichtungen mit ähnlicher Wirkung unzulässig. Deshalb ist zur Durchführung der Veranstaltung bzw. der Lasershow am 01.01.2022 eine Befreiung gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) erforderlich.

Mit Bescheid vom 28.08.2020 hat das Landratsamt Ostallgäu der Stadt Füssen diese Befreiung von dem Verbot nach Art. 11a Satz 2 BayNatSchG zur Durchführung einer Silvester-Lasershow auf dem Festplatz in der Kemptener Straße am 01.01.2022 in der Zeit von 00:00 Uhr bis 00:15 Uhr erteilt.  

Aktuell wird hierzu noch angemerkt, dass angesichts der Corona-Pandemie zwischenzeitlich ein bundesweit einheitliches Vorgehen beschlossen worden ist und in Bayern ab morgen ein landesweiter Lockdown gilt. Dieser betrifft insbesondere für Sylvester und Neujahr auch ein vollständiges Verbot von Versammlungen und Ansammlungen. Der Verkauf von Pyrotechnik vor Silvester ist verboten. Das Abbrennen und die Mitführung von Pyrotechnik werden an Silvester und Neujahr auf den von Kommunen festzulegenden publikumsträchtigen Plätzen verboten.

Beschlussvorschlag

Dem Erlass der allgemeinen Anordnung wie im Sachvortrag formuliert wird zugestimmt. Für ein darüber hinaus gehendes allgemeines Verbot fehlt der Stadt die rechtliche Grundlage.

Stattdessen empfiehlt der Stadtrat einen eindringlichen Appell an alle Bürgerinnen und Bürger zu richten, doch aus Umweltschutzgründen und zum Schutz von Landschaft und Tieren aber auch aufgrund der allgemeinen Pandemiesituation auf das Abbrennen von Feuerwerken auch auf deren Privatgrundstücken bzw. sonstigen Straßen und Plätzen zu verzichten.

Beschluss

Dem Erlass der allgemeinen Anordnung wie im Sachvortrag formuliert wird zugestimmt. Für ein darüber hinaus gehendes allgemeines Verbot fehlt der Stadt die rechtliche Grundlage.

Stattdessen empfiehlt der Stadtrat einen eindringlichen Appell an alle Bürgerinnen und Bürger zu richten, doch aus Umweltschutzgründen und zum Schutz von Landschaft und Tieren aber auch aufgrund der allgemeinen Pandemiesituation auf das Abbrennen von Feuerwerken auch auf deren Privatgrundstücken bzw. sonstigen Straßen und Plätzen zu verzichten.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 19, Dagegen: 2

Datenstand vom 27.01.2021 06:27 Uhr