Quartiersentwicklung "Achmühle - Füssen-Nord"; Beratung und Entscheidung über die künftige Nutzung des Areals


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Stadtrates, 27.07.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat Sitzung des Stadtrates 27.07.2021 ö beschliessend 9

Sachverhalt

Anlässlich der Klausursitzung am 16. November 2019, die von zwei Vertretern des „architekturforums allgäu“ begleitet wurde, hat diese dem Stadtrat empfohlen, vor einer weiteren Entwicklung des Areals im Norden Füssens (dem früheren Allgäuer Dorf) erst einmal die Grundlagenerhebungen zu veranlassen. Dazu gehöre vor allem die Prüfung bzw. Vorabschätzung, wie sich denn auf diesem potenziellen Siedlungsareal die Belange des Natur- und Landschaftsschutzes bzw. die des Immissionsschutzes in Einklang bringen lassen bzw. wie sich die Situation dort überhaupt darstellt bzw. was dort letztlich überhaupt möglich ist.

Entsprechend dieser Beratung hat die Verwaltung zwischenzeitlich folgende Vorabschätzungen veranlasst:

  • Naturschutzfachliche Vorabschätzung durch das Büro für Landschafts-, Orts- und Freiraumplanung Partnerschaftsgesellschaft Wilhelm Daurer + Meinolf Hasse, Landschaftsarchitekten & Stadtplaner in Wiedergeltingen
und
  • Immissionsschutzfachliche Vorabschätzung durch das Büro Hils Consult GmbH, Ingenieurbüro für Bauphysik in Kaufbeuren

Beide Büros haben schon in der Sitzung am 23. Februar 2021 ihre Ergebnisse vorstellt. Darauf wird verwiesen. Die Fraktionen wurden damals gebeten, sich Gedanken zum weiteren Vorgehen zu machen.

Im Rahmen der Beratung soll nun entschieden werden, ob und wie dieses Areal ggf. weiterentwickelt werden soll. Die Verwaltung wird dazu entsprechende Vorschläge unterbreiten.

Im gesamten Areal stehen derzeit 7,5 ha im städtischen Eigentum bzw. im Eigentum der Kinder- und Waisenhortstiftung. Auf dem Grundstück Fl.Nr. 1541 der Gemarkung Füssen befindet sich noch ein Gebäude, das im Herbst 2021/Frühjahr 2022 abgebrochen und die dortigen Altlasten entsorgt werden sollen.


Insgesamt bieten sich dort verschiedene Möglichkeiten einer städtebaulichen und infrastrukturellen Weiterentwicklung. In der Vergangenheit wurden dazu nicht nur touristische Nutzungen (z.B. das früher dort angedachte Allgäuer Dorf) sondern vor allem auch eine weitere Wohnbebauung zur Deckung des akuten Wohnraumbedarfs vor allem für sozialgerechten Wohnraum diskutiert bzw. angedacht. Ggfs. sollte eine solche allerdings auch mit entsprechenden gemischt bzw. gewerblich genutzten Einheiten kombiniert werden, die das Wohnen nicht unbedingt stören. Auch für touristische Nutzungen auf diesem Areal (z.B. modulhafte hochwertige Chalet-Dorf-Siedlungen) wird immer wieder nachgefragt.

Zwischenzeitlich hat sich die Stadt dem Ziel der vorrangigen Innenverdichtung verschrieben. An diesem sollte festgehalten werden. 

Die stetige Nachfrage nach Wohnraum, insbesondere in zentralen Lagen sowie die gesetzlichen Auflagen der Reduzierung der Flächeninanspruchnahme und dem sparsamen Umgang mit Grund und Boden, fordern zunehmend kompakte Siedlungsstrukturen. In zentrumsnahen Lagen wurden in vielen Städten bereits erste Verdichtungsmaßnahmen durchgeführt.

Der Begriff „Nachverdichtung“ bezeichnet im Städtebau das Nutzen freier Flächen in bereits besiedelten Gebieten. Verdichtung kann auf unterschiedliche Weise umgesetzt werden: durch die Nutzung von vorhandenen Baulücken, die zusätzliche Bebauung eines Grundstücks (rückwärtige Bebauung), die Aufstockung/Erweiterung eines Gebäudes, Ersatzbau oder durch die Zusammenlegung mehrerer Grundstücke. Vom Grundsatz her bietet die städtebauliche Verdichtung aus stadtplanerischer Sicht eine gute Maßnahme zur Schaffung von privaten und/oder städtischem Wohnraum, da die Gebiete bereits voll erschlossen und an die bestehende Infrastruktur angeknüpft sind.

Aktuelle Bauanträge zeigen aber auch immer wieder, dass eine Verdichtung nicht immer sinnvoll und mit der Nachbarschaft verträglich ist. Baurechtlich sind Bauanträge zwar oft mit den Festsetzungen aus dem bestehenden Bebauungsplänen vereinbar, fügen sich jedoch häufig in die bestehenden Strukturen nicht ein, da sie eine deutlich höhere Baumasse sowie Anzahl an Wohneinheiten aufweisen bzw. gerade bei gemischten Nutzungen (z.B. Wohnen, Gewerbe, Tourismus) auch immer wieder Nachbarschaftskonflikte hervorrufen (können). Die Folge ist oft eine Überformung des Gebietscharakters. 

Andererseits gibt es auch Gebiete, die sich potentiell für eine Verdichtung eignen und wo dieses auch sinnvoll ist. Dennoch soll eine ungesteuerte und willkürliche Verdichtung vermieden werden, sodass rechtzeitig Entwicklungsziele formuliert und das Baurecht ggf. entsprechend angepasst werden muss.

Um eine verträgliche Entwicklung zu sichern, soll die Verdichtung flächendeckend und behutsam gesteuert werden. Diese verträgliche Entwicklung ist im Bereich der Wohnbebauung innerörtlich unzweifelhaft leichter möglich als im gewerblichen Bereich, wo es deutlich häufiger zu Interessen- bzw. Nachbarschaftskonflikten kommt. 

Vor diesem Hintergrund wird seitens der Verwaltung vorgeschlagen, im genannten Bereich keine ausschließliche Wohnbebauung zu realisieren, sondern dort verstärkt auf gemischt genutzte Einheiten (z.B. nicht störendes Gewerbe & Wohnen) zu setzen und die eigentliche Wohnbebauung eher innerstädtisch zu realisieren. Aus Sicht der Verwaltung sollte versucht werden, ob und inwieweit es möglich ist, dort neben Gewerbeeinheiten auch den Wohnungsbedarf der Beschäftigten und / oder Inhaber angemessen zu berücksichtigen.

Konzeptentwicklung mit Förderung durch staatliche Planungszuschüsse!

Um hier die Bedürfnisse und Anforderungen wirklich gezielt auszuloten bietet das Bayer. Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr das Instrument der sog. „Planungszuschüsse“ an. Solche „Planungszuschüsse“ des Landes dienen der Erarbeitung modellhafter städtebaulicher Untersuchungen und Planungen, die von allgemeinem Interesse sind. Die Zuschüsse werden an Gebietskörperschaften, Planungsverbände und Zweckverbände mit Planungsaufgaben sowie an Forschungsstellen vergeben.

Förderschwerpunkte sind im Besonderen energieeffiziente, flächensparende und verkehrsvermeidende Siedlungskonzepte sowie Konzepte zur interkommunalen Zusammenarbeit, innovative Formen der Bürgerbeteiligung und Strategien zum Umgang mit den Herausforderungen des demografischen Wandels. Die Förderung städtebaulicher Planungen in einer frühen Planungsphase bietet die Chance, mit vergleichsweise geringem Aufwand eine nachhaltige Ortsentwicklung der Gemeinden zu befördern.

Die Verwaltung würde sich gerne für dieses Areal um solche Planungszuschüsse bewerben. Im Falle einer Berücksichtigung würden die Planungskosten (städtebauliches Konzept) mit rund 50 % bezuschusst werden.

Zahlreiche Anfrage nach Gewerbegrundstücken – Ansiedlung durch Kriterien steuern!

Aktuell liegt bei der Stadt eine Vielzahl von Anfragen für eine gewerbliche Nutzungen im gesamten Stadtgebiet vor, die mangels Flächenverfügbarkeit nicht bedient werden können. Angesichts des begrenzten Flächenangebotes sollte die künftige Nutzung von Gewerbeflächen geleitet von den Bedürfnissen gezielt gesteuert werden. Dazu kann ein Kriterienkatalog dienen, der gemeinsam erstellt werden sollte (ähnlich der Vergaberegeln bei der Wohnbebauung). Dies würde auch die Transparenz beim folgenden Vergabeverfahren erhöhen. Letztlich können die Vergabekriterien so gestaltet werden, dass nur die gewollten Betriebe und Unternehmen angesiedelt werden.

Noch ein Hinweis zum städtebaulichen Konzept für das Areal Füssen-Nord:

Um eine verträgliche Entwicklung sowohl im Areal Füssen-Nord als auch im Hinblick auf die Innenverdichtung (z.B. mit Wohnraum) zu sichern, soll die Verdichtung flächendeckend und behutsam gesteuert werden. Zur Identifikation von Gebieten, in denen sich eine städtebauliche Verdichtung eignet, nicht geeignet oder sich nur mit Einschränkungen eignet, sollte die Stadt eine Untersuchung des Stadtgebiets einleiten.

Zur Sicherung einer angemessenen Verdichtung, die sich einerseits aus der Bereitstellung von Wohnraum mit sparsamen Flächenverbrauch ergibt und andererseits dem Stadtbild entsprechend verträgliche Strukturen sichern soll, sollte für die Stadt ein Konzept für die Nachverdichtung aufgestellt werden. Anhand einer Bestandsanalyse wird quartiersweise die vorhandene und prägende Verdichtung im Stadtgebiet ermittelt und unter Berücksichtigung der stadtstrukturellen Gegebenheiten ein Zielkonzept für die zukünftige Entwicklung erarbeitet.

Auch sollen Gebiete identifiziert werden, die sich nur bedingt für eine weitere Verdichtung eignen. Des Weiteren sollen Bereiche identifiziert werden, die intakte Strukturen aufweisen und sich für eine Verdichtung nicht eignen. Diese Strukturen müssen geschützt und erhalten werden.

Mit Grund und Boden soll sparsam und schonend umgegangen werden; dabei sind zur Verringerung der zusätzlichen Inanspruchnahme von Flächen für bauliche Nutzungen die Möglichkeiten der Entwicklung der Stadt insbesondere durch Wiedernutzbarmachung von Flächen, Nachverdichtung und andere Maßnahmen zur Innenverdichtung zu nutzen sowie Bodenversiegelung auf das notwendige Maß zu begrenzen.

Städtebauliche Verdichtungen sollen gebietsbezogen in einer dem Stadtbild und der Stadtstruktur verträglichen Art und Weise durchgeführt werden, um ungewollte Verdichtungen mit den daraus resultierenden Nachbarschaftskonflikten und negativen Veränderungen des Gebietscharakters vorzubeugen.

Zur Ermittlung der Nachverdichtungspotentiale in Füssen sollten die rechtskräftigen Bebauungspläne analysiert und mit der vorhandenen Siedlungs- und Bebauungsstruktur verglichen werden. Dies kann anhand der Auswertung des Luftbildes, der stichprobenartigen Ermittlung der realen Grundflächenzahl aus der amtlichen Liegenschaftskarte sowie der stichprobenhaften Ortsbefahrung zur Überprüfung bzw. Ermittlung fehlender Daten erfolgen. Nach der Ermittlung des IST-Zustandes werden die unterschiedlichen Verdichtungstypen herausgestellt und somit die Verdichtungspotentiale verdeutlicht. 

Zudem würden die der Stadt vorliegenden Daten über die Altersstruktur und die Baulücken ausgewertet. Anhand der Verdichtungspotentiale sowie der bestehenden Strukturen soll ein Zielkonzept zur städtebaulichen Verdichtung entwickelt werden, dass die unterschiedlichen Anforderungen der einzelnen Quartiere des Stadtgebiets berücksichtigt und differenzierte Zielsetzungen/Zielentwicklungen aufzeigt. Daraus würde sich dann zwangsläufig ergeben, ob und ggf. wo bzw. in welchen Bereichen (Gewerbe, Wohnen, usw.) im Füssener Norden noch weiteres Entwicklungspotenzial besteht.

Beschlussvorschlag

Der Stadtrat der Stadt Füssen hält an dem Ziel der vorrangigen Nachverdichtung insbesondere mit Wohnraum fest und verfolgt deshalb bis auf weiteres die ausschließliche Wohnbebauung auf dem Areal des Füssener Nordens nicht weiter. 

Stattdessen wir die Verwaltung beauftragt, im Rahmen einer städtebaulichen Planung  (städtebauliches Konzept, Bebauungsplan und Flächennutzungsplan-Änderung) eine Planung für eine gemischte Nutzung des westlichen, an die B 16 angrenzenden Grundstücksteils als 1. Abschnitt planen zu lassen bzw. hierfür entsprechende Honorarangebote einholen zu lassen. In diesem Konzept soll sich auch eine Alternative für die Entwicklung des übrigen Bereichs wiederfinden.

Dieses Konzept soll zum einen energieeffiziente, flächensparende und verkehrsvermeidende Siedlungskonzepte, innovative Formen der Bürgerbeteiligung und Strategien zum Umgang mit den Herausforderungen des demografischen Wandels berücksichtigen. Es soll die Auswirkungen bzw. das Zusammenspiel mit den innerörtlichen Entwicklungsmöglichkeiten (z.B. Baulücken, Brachflächen, Vernetzung, Mobilitätsaspekte) im besonderen Maße berücksichtigen und so eine nachhaltige, flächen-, umwelt- und ressourcenschonende Entwicklung gewährleisten.

Die Verwaltung wird dazu beauftragt, wegen der Bewilligung von Planungszuschüssen bei der Regierung von Schwaben bzw. direkt beim Bayer. Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr anzufragen.

Diskussionsverlauf

Jürgen Doser erinnert an bereits vorhandene Planungen. Diese könnten die Grundlage bieten.

Erich Nieberle plädiert dafür Gewerbe und Wohnen beizubehalten. Für dieses Gebiet solle ein städtebaulicher Wettbewerb durchgeführt werden. 

Dr. Martin Metzger möchte derzeit keine Kosten auslösen.
 
Peter Hartl gibt zu bedenken, dass dieses Gebiet vermarktet werden müsse, nachdem dort Immobilien im Wert von rund 4,5 Mio. € mehr oder weniger brach liegen und vermarktet werden sollten. 

Peter Hartung weist darauf hin, dass es die letzten Flächen sind. Sie müssen in die Konsolidierung mit einfließen. 

Nikolaus Schulte erklärt, dass Gewerbeflächen dringend benötigt werden. Wohnungen gebe es genügend.

Dr. Christoph Böhm möchte es langsam angehen. Er würde Marktforschung betreiben. 

Bürgermeister Maximilian Eichstetter schlägt vor die Daten zusammen zu fassen und vorzulegen. 

Ilona Deckwerth bittet den ersten Absatz des Beschlusses wegzulassen, da er irreführend ist.

Beschluss 1

Der Stadtrat stimmt dem Antrag von Ilona Deckwerth zu.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 2, Dagegen: 22

Abstimmungsbemerkung
Der Antrag ist somit abgelehnt.

Beschluss 2

Der Stadtrat der Stadt Füssen hält an dem Ziel der vorrangigen Nachverdichtung insbesondere mit Wohnraum fest und verfolgt deshalb bis auf weiteres die ausschließliche Wohnbebauung auf dem Areal des Füssener Nordens nicht weiter. 

Stattdessen wir die Verwaltung beauftragt, im Rahmen einer städtebaulichen Planung  (städtebauliches Konzept, Bebauungsplan und Flächennutzungsplan-Änderung) eine Planung für eine gemischte Nutzung des westlichen, an die B 16 angrenzenden Grundstücksteils als 1. Abschnitt planen zu lassen bzw. hierfür entsprechende Honorarangebote einholen zu lassen. In diesem Konzept soll sich auch eine Alternative für die Entwicklung des übrigen Bereichs wiederfinden.

Dieses Konzept soll zum einen energieeffiziente, flächensparende und verkehrsvermeidende Siedlungskonzepte, innovative Formen der Bürgerbeteiligung und Strategien zum Umgang mit den Herausforderungen des demografischen Wandels berücksichtigen. Es soll die Auswirkungen bzw. das Zusammenspiel mit den innerörtlichen Entwicklungsmöglichkeiten (z.B. Baulücken, Brachflächen, Vernetzung, Mobilitätsaspekte) im besonderen Maße berücksichtigen und so eine nachhaltige, flächen-, umwelt- und ressourcenschonende Entwicklung gewährleisten.

Die Verwaltung wird dazu beauftragt, wegen der Bewilligung von Planungszuschüssen bei der Regierung von Schwaben bzw. direkt beim Bayer. Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr anzufragen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 21, Dagegen: 3

Datenstand vom 21.09.2021 07:56 Uhr