Schaffung von bezahlbarem Wohnraum durch Nachverdichtungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Stadtteil Ziegelwies a) Aufhebung des VgV-Vergabeverfahren (Auswahl der Planungsbüros für HLS, ELT, TWP) b) Aufhebung der Beschlussvorlage vom 30.11.2021 – Beauftragung der Objekt- und Freianlagenplanung c) Ermächtigung für die Einleitung aller für den Planungs- und Bauablauf notwendigen Schritte


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Stadtrates, 22.02.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat Sitzung des Stadtrates 22.02.2022 ö beschliessend 6

Sachverhalt

a) Aufhebung des EU-weiten VgV-Verfahrens

Der Stadtrat hat in seiner Sitzung am 27.07.2021 zur Einleiten des EU-weiten Vergabeverfahrens für die Gewinnung geeigneter Fachplaner gefasst. Aufgrund des geplanten Planungsumfanges und der geschätzten Auftragssumme musste zur Findung der Ingenieurbüros eine Vergabe nach den Vorgaben der Vergabeverordnung-VgV durchgeführt werden.

Zur Durchführung der drei aus rechtlicher und organisatorischer Sicht sehr aufwändigen VgV-Verfahren hat sich die Verwaltung gemäß dem Stadtratsbeschluss vom 27.7.2021 für die Beauftragung eines Wettbewerbsbetreuers entschieden.

Dazu wurde mit Beachtung und auf Grundlage der verbindlichen Vergabegrundsätze nach §31 Abs. 2 KommHV-Kameralistik, im Zuständigkeitsbereich des ersten Bürgermeisters, die Architektenpartnerschaft mbB Landherr und Wehrhahn aus 80333 München beauftragt.

Stand der Verfahren

Mit Bekanntmachungen im EU-Amtsblatt vom 12.11.2021, sowie im Staatsanzeiger veröffentlicht am 17.11.2021, hat die Stadt Füssen ihre Absicht kundgetan, Planungsleistungen für die Elektro-, Heizungs-, Lüftungs-, Sanitär- und Tragwerksplanung zu vergeben. Die Büros, die an den zu vergebenden Planungsleistungen interessiert waren, wurden aufgefordert bis zum 16.12.2021 einen Teilnahmeantrag abzugeben. Als Ergebnis des Teilnahmewettbewerbs hätten die Bewerber anschließend zur zweiten Stufe des Vergabeverfahrens zugelassen werden können.

Da sich aber zwischenzeitlich die Rahmenbedingungen zum Wettbewerbsentwurf und die Aufgabenstellung aufgrund der aktuellen, sich aus der Haushaltskonsolidierung ergebenden Beschlusslage vom 6. Dezember 2021 gravierend geändert haben, ist ein Festhalten auf Grundlage des beschriebenen Planungsumfanges für die Bewerber nicht mehr zumutbar. 

Somit muss die 1. Stufe des Vergabeverfahrens (Teilnehmerwettbewerb) aufgehoben werden!

Rechtliche Vorgaben
Gemäß § 63 Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung - VgV) ist der öffentliche Auftraggeber berechtigt/verpflichtet, ein Vergabeverfahren ganz oder teilweise aufzuheben, wenn

       1.         kein Angebot eingegangen ist, das den Bedingungen entspricht,
       2.         sich die Grundlage des Vergabeverfahrens wesentlich geändert hat,
       3.         kein wirtschaftliches Ergebnis erzielt wurde oder
       4.         andere schwerwiegende Gründe bestehen. 

Entsprechend der vorgenannten Sachverhalts ist die Ausschreibung daher gem. § 63 Abs.1 Nr. 2 VGV aufzuheben.

b) Vergabe des Planungsauftrags für die Objekt- und Freianlagenplanung

Seit der Preisgerichtssitzung am 16. September 2021 und der Vorstellung des Wettbewerbsentwurfs am 23. Oktober 2021 hat sich Folgendes ergeben:

Die Stadtverwaltung und der Verfahrensbegleiter Oberpriller-Architekten haben mit dem 1. Preisträger Kontakt aufgenommen und die Beteiligung am Verhandlungsverfahren angefragt.

Nach dem finalen Honorarangebot durch den 1. Preisträger, dem Büro KohlmayerOberst Architekten aus Stuttgart, wurde durch den Stadtrat in der Sitzung am 16.11.2021 das Auftragsversprechen für die Leistungsphasen 1-3 beschlossen. Da die Verfasser des ersten Rangs (KohlmayerOberst & Markus Herthneck) beispielhaft die mit dem Preisgericht abgestimmte Auslobungsanforderungen erfüllten.

Der Stadtrat hat sich letztmalig mit dem Thema Modernisierung und Nachverdichtung für den Bereich Ziegelwies im Rahmen der Haushaltskonsolidierung am 6. Dezember 2021 befasst. Im Ergebnis hat der Stadtrat der Stadt Füssen in dieser Sitzung beschlossen, die im Wettbewerb vorgesehene Nachverdichtung nicht vollumfänglich weiterzuverfolgen.

Alternativ ist geplant, die bestehenden sechs Baukörper mit einer Gesamt-Bruttogrundfläche (BGF) von etwa 3.300 m² zu sanieren und durch zwei Anbauten an den Gebäuden Ziegelwiesstraße 10 u. 16, mit einer BGF von rd. 640 m², zu ergänzen.

Weitere Vorgehensweise
Als Folge der gravierenden Reduzierung des Planungs- und Leistungsumfanges nach Maßgabe Wettbewerbsentwurfs der interdisziplinären Bietergemeinschaft des Büros KohlmayerOberst und Markus Herthneck, gilt es nun, die Aufhebung des Auftragsversprechens zu beschließen.

c) Konzept zur Projektentwicklung und zur weiteren Vorgehensweise 

Aufgrund der städtischen Finanzsituation ergibt sich aus Sicht der Verwaltung ein Mindestumfang von der geplanten Modernisierungs- und Nachverdichtungsmaßnahme im Plangebiet Ziegelwies 2 - 16.

Angesichts der drängenden Probleme, die insbesondere durch Mängel des Schallschutzes, der technischen Ausstattung usw. ausgelöst werden, ist jetzt eine grundsätzliche Entscheidung zum weiteren Vorgehen notwendig.

Eckpunkte einer Neuaufstellung

In einem ersten Schritt und noch vor Beginn der Analyse der Bausubstanz und der nachfolgenden Sanierung ist es erforderlich, den Bestand des Gebäudes genau zu erfassen und die Ergebnisse in Bestandszeichnungen abzubilden. Diese Unterlagen dienen als Basis für Bestandsanalyse, zur Ermittlung von Mengen und Massen und als Grundlage für die spätere Planung und Weiterentwicklung der geplanten Maßnahme.  

Die Bestandsanalyse erfolgt dabei in folgenden Teilschritten:
  • Aufmaß der Baustruktur zur Erstellung oder Aktualisierung von Bestandsplänen,
  • Technische Bestandsaufnahme zur Feststellung des Zustands der Bausubstanz,
  • Energetische Bestandsaufnahme als Grundlage für ein individuelles Energiekonzept,
  • Brandschutztechnische Ausstattung nach den aktuellen baurechtlichen Anforderungen und den a.R.d.T erarbeiten,
  • Schallschutznachweis an den aktuellen Stand der Technik gemäß den Anforderungen nach DIN 4109.

Diese Untersuchung der vorhandenen Bausubstanz erfordert in der Regel spezielle Kenntnisse über Konstruktionsarten, Baustoffe und Materialeigenschaften. Auch die Prüfung der Bauteile durch unterschiedliche technische Hilfsmittel und Verfahren zur Schadensdiagnostik setzt eine fachliche Qualifikation und entsprechende Erfahrung voraus.

Um eine vertiefte Betrachtung des Sanierungsumfanges bezüglich des Tragwerks und der Statik, auf den Gebäudezustand allgemein, auf Gebäudeschadstoffe und hinsichtlich des Zustandes der Technischen Gebäudeausrüstung zu erhalten, kann daher nur mit Einbindung geeigneter Fachplanern unter Federführung eines Objektplaners erfolgen.

Daher sind zur Vorlage eines dezidierten Sanierungskonzepts mit gesicherten Kosten weitere Planungen und Aufstellungen auf der Grundlage eines Stadtratsbeschlusses erforderlich.

Zur Konkretisierung der Modernisierungsmaßnahme sind folgende Planungsleistungen auszuschreiben und zu beauftragen:

Fachplanungsleistungen: (VGV-Verfahren/ EU-weit)
  • Objektplanung (falls die Verhandlungen mit dem Büro Kohlmayer Oberst scheitern)
  • Fachplanung Technische Ausrüstung für Heizung-, Sanitär- und Lufttechnische Anlagen
  • Fachplanung Technische Ausrüstung für Stark- und Schwachstromanlagen
  • Tragwerkplanung

Beratungsleistungen: (UVgO i. V. KommHV-Kameralistik §31 Abs. 2/national)
  • Bauphysik (Schall/Wärme)
  • Baulicher Brandschutz/ Brandschutzkonzept
  • ggf. noch weitere erforderlichen Ingenieur-/ Beratungsleistungen (z.B. Außenanlagenplanung, Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordination, Vermessung, usw.)

Anmerkung
Aufgrund aktueller Entwicklungen im Hinblick auf die Auftragswertberechnung bei Planungsleistungen spricht viel dafür, künftig - im Gegensatz zu der bisher üblichen Vorgehensweise - für die Frage, ob die anstehenden Fachdisziplinen national oder europaweit zu vergeben sind, eine Aufsummierung der Entgelte der einzelnen Fachdisziplinen vorzunehmen und deren Summe (und nicht die jeweiligen Entgelte der einzelnen Fachdisziplinen jeweils getrennt) mit dem EU-Schwellenwert zu vergleichen. Dies würde im vorliegenden Fall bedeuten, dass die weiteren Fachplanungs- und Beratungsleistungen EU-weit auszuschreiben wären/sind.

Im Falle der Verwendung von EU-Fördermitteln besteht ein Risiko, da diese bei einem Vergabeverstoß gekürzt oder sogar vollständig zurückgefordert werden, sowie wenn Bund und Länder entsprechende Klauseln in ihren Förderrichtlinien aufgenommen haben.

Weiteres Vorgehen
Aufgrund der Rechtsunsicherheit und angesichts das entsprechende Bestimmungen zu den Förderrichtlinien noch nicht vorliegen, werden alle Lose der Planungsleistungen generell zusammengerechnet. Somit muss die Ausschreibung für die Objekt- und Fachplanungen im europaweiten VgV-Verfahren erfolgen.

Der Auftraggeber hat dennoch die Möglichkeit, Lose in einem Auftragswert von bis zu 20% des gesamten Auftragswertes aus einer europaweiten Ausschreibung auszuklammern und nach nationalem Haushaltsvergaberecht zu vergeben (20%-Kontingent).

Vorgesehener Zeitplan

Abstimmungsgespräche mit Kohlmayer OberstArchitekten
Januar-Februar
2022
Abstimmung mit dem Büro Landherr&Wehrhahn (VgV-Betreuung)
1. Quartal
2022
Vergabeverfahren und Beauftragung Fachplaner (geg. Architekt)
2. Quartal
2022
Erarbeitung des Sanierungskonzeptes/ Bestandsaufnahme
4.Quartal
2022
Erarbeitung der Vorentwurfsplanung/ Altbausanierung und Anbau
1. Quartal
2023

Beschlussvorschlag

  1. Von der bisher geplanten Nachverdichtung in Areal der städtischen Immobilien in der Ziegelwies (Ziegelwiesstraße 2, 4, 6, 8, 10, 12, 14 und 16) wird Abstand genommen. Auch eine maßvolle Nachverdichtung (z.B. durch Anbauten) wird nicht weiterverfolgt (auch nicht durch private Bauherren), weil angesichts der derzeitigen Preissituation am Bausektor kaum bezahlbarer Wohnungsbau möglich erscheint.

  1. Die europaweite Ausschreibung für die o. g. Planungsleistungen (ELT-, HLS- u. Tragwerksplanung), mit Bekanntmachung am 12.11.2021 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union, wird aufgehoben.

  1. Der Stadtrat der Stadt Füssen beschließt die Aufhebung der Beschlussvorlage vom 16.11.2021 - Beauftragung von Planungsleistungen. Die avisierte Beauftragung des Büros Kohlmayer Oberst und des Büros Markus Herthneck Landschaftsarchitekten aus Stuttgart wird nicht vollzogen. Die Verwaltung wird ermächtigt, den Beschluss und bereits getätigte Vorgänge rückabzuwickeln, die hieraus resultierenden Nachfolgekosten sind von der Stadt Füssen zu tragen.

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, ein Konzept zur Sanierung/Modernisierung der bestehenden Wohngebäude zu erarbeiten und dem Stadtrat zur Entscheidung und Beschlussfassung vorzulegen. Geplant ist, den Gebäudebestand in den nächsten Jahren Zug um Zug und bedarfsgerecht so zu sanieren bzw. modernisieren, dass bezahlbare Mietverhältnisse gewährleistet bleiben.

  1. Die zur Finanzierung der Maßnahme notwendigen Haushaltsmittel werden für die Haushaltsjahre 2022 ff., vorbehaltlich der Genehmigung des Haushaltsplans 2022 bereitgestellt.

Diskussionsverlauf

Andreas Eggensberger würde gerne den Energiebeirat bei der Energetischen Sanierung mit einbeziehen.

Für die SPD sei eine vordringliche Aufgabe bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Die sei eines der wichtigsten Aufgaben.  

Solange eine Tiefgarage gefordert werde, sei es für die BSG nicht mehr kostendeckend herstellbar. Eine Übergabe des jetzigen Bestandes an das Siedlungswerk müsste zum symbolischen Preis erfolgen. Bei einer Nachverdichtung bleibe das Problem der Stellplätze.

Bürgermeister Eichstetter schlägt vor, ein Haus pro Jahr zu sanieren.
 
Jürgen Doser sieht es ganz anders. Bei der BSG sei einmal das Geschäft besser und einmal schlechter. 

Zu kurz gedacht sei für Nikolaus Schulte, das die Stadt nicht nachverdichten möchte. Von privaten Grundstückseigentümern werde es aber verlangt. 

Für Magnus Peresson war der Wettbewerb schlecht. Es handle sich hier um ein Gartenensemble, das saniert werden sollte. Alles was Füssen romantisch macht, werde kaputt gemacht. 

Nach weiterer kurzer Diskussion schlägt Bürgermeister Eichstetter vor, heute nichts zu beschließen und dieses Thema nochmals zu überarbeiten und zur Aussprache nochmals in den Stadtrat zu bringen. Damit bestand seitens des Stadtrates ohne Aussprache Einverständnis.

Datenstand vom 20.05.2022 09:47 Uhr