Beratung und Billigung des Haushaltskonsolidierungskonzeptes (HKK)


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Stadtrates, 28.06.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat Sitzung des Stadtrates 28.06.2022 ö beschliessend 2

Sachverhalt

Bereits im Rahmen der haushaltsrechtlichen Würdigung und in der anschließenden Genehmigung des Haushaltsplans 2020 hat das Landratsamt Ostallgäu unter anderem aufgrund der Verschuldung der Stadt Füssen die Erstellung eines Haushaltskonsolidierungskonzeptes zur Auflage gemacht. Nachgekommen ist die Stadt dieser Auflage damals nicht. Die Stadt Füssen hat daraufhin im November 2020 einen Nachtragshaushalt beschlossen, der aber vom Landratsamt für das Jahr 2020 nicht mehr genehmigt worden ist.

Bei der neuerlichen Vorlage des Haushaltsplans für das Jahr 2021 hat das Landratsamt die Genehmigung wegen des Fehlens des Haushaltskonsolidierungskonzeptes verweigert. Ein genehmigter Haushalt für das Jahr 2021 kam so nicht mehr zustande. 

Im Juni 2021 beschäftigte sich der Stadtrat im Rahmen einer zweitägigen Klausurtagung mit den Anforderungen und Inhalten einer Haushaltskonsolidierung. Konkrete Ergebnisse brachte diese Tagung zum Thema Haushaltskonsolidierung (noch) nicht.

Mit der Beschlussfassung über den Haushaltsplan und die Haushaltssatzung am 13. Juli 2021 hat der Stadtrat die Aufstellung eines Haushaltskonsolidierungskonzeptes beschlossen. Dazu wurde ein eigener Konsolidierungsausschuss gebildet, der am 9. August 2021 zum ersten Mal und am 13. September 2021 ein weiteres Mal tagte, ohne allerdings konkrete Beschlüsse zu fassen.

Am 6. Dezember 2021 fand dann eine Haushaltskonsolidierungssitzung mit dem gesamten Stadtrat statt, in der eine Vielzahl von Konsolidierungsbeschlüsse gefasst wurden, die letztlich eine erste Basis für dieses Konsolidierungskonzept bilden und sich darin wiederfinden. Im Anschluss an diese Sitzung wurden in nahezu jeder weiteren Sitzung einzelne Maßnahmen auf dem Prüfstand gestellt, ausgesetzt oder entsprechende Konsolidierungsbeschlüsse gefasst, die nun ebenfalls Eingang in das Haushaltskonsolidierungskonzept gefunden haben. 

Mit dem 1. Entwurf des Konsolidierungskonzeptes befasste sich der Stadtrat schließlich in der der Sitzung am 26. April 2022. Schon zuvor war die Haushaltskonsolidierung das prägende Thema bei der Haushaltsberatung am 29. März 2022. Darauf folgend tagte der Stadtrat dann weitere zweimal im Rahmen einer Klausurtagung, um das rund 120-seitige Konsolidierungskonzept inhaltlich zu erörtern (13. Mai 2022 und 20. Juni 2022). Dazwischen fand am 30. Mai 2022 noch eine eigene Sitzung des eigens eingerichteten AK Kultur statt. Nun liegt ein Konzept vor, das die Grundlage für die künftige Haushaltswirtschaft und damit verbunden Haushaltskonsolidierung sein wird. 
 
Übergeordnetes Ziel und Sinn des Haushaltskonsolidierungskonzepts sind die Ausgabenminderung, die Einnahmenverbesserung, der stetige und konsequente Schuldenabbau und der Defizitabbau bei den öffentlichen Einrichtungen. 

Im Rahmen der Genehmigung des diesjährigen Haushalts hat das Landratsamt Ostallgäu die Vorstellungen vom Inhalt des Konsolidierungskonzeptes, der Bedeutung und der Umsetzung recht eindeutig zum Ausdruck gebracht:

Mit Schreiben vom 24. Mai 2022 hat das Landratsamt Ostallgäu den mit Beschluss vom 29. März 2022 vorgelegten Haushalt für 2022 eingeschränkt bzw. unter Auflagen und Bedingungen genehmigt.  Eingeschränkt zunächst deshalb, weil der Kreditaufnahmebetrag in Höhe von ca. 9,4 Mio. EUR unter der aufschiebenden Bedingung genehmigt wurde, dass die Stadt Füssen ein fertig ausgearbeitetes und vom Stadtrat beschlossenes Haushaltskonsolidierungskonzept mit dem Ziel der Ausgabenminderung, der Einnahmenverbesserung, des stetigen und konsequenten Schuldenabbaus und dem Defizitabbau bei den öffentlichen Einrichtungen vorlegt. D.h., dass derzeit nur die Hälfte der Kreditermächtigung „freigegeben“ worden ist. Die Kreditermächtigung der Stadtwerke wurde in diesem Jahr zur Herstellung der Handlungsfähigkeit noch in voller Höhe genehmigt.

Zu den Auflagen und Bedingungen im Genehmigungsschreiben wird auf die bisherigen Beratungen im Rahmen der Haushaltskonsolidierung verwiesen. Diese gelten nach wie vor wie folgt fort:

  • Kreditaufnahmen sind die Vorgaben des Bayer. Innenministeriums zwingend zu beachten.

  • soweit das Haushaltskonsolidierungskonzept vorgelegt wird, sind die darin enthaltenen einzelnen Maßnahmen vom Stadtrat beschlussmäßig festzulegen und möglichst zeitnah und konsequent umzusetzen.

  • Aufgrund Überschuldung sind ggf. erzielte Veräußerungserlöse und erwirtschaftete Überschüsse vorrangig zur Schuldentilgung zu verwenden.

  • Auswirkungen der Haushaltssanierung sind fortlaufend in der Finanzplanung darzustellen.

  • deutliche Verbesserung der Kostendeckungsgrade bei den öffentlichen Einrichtungen ist zwingend anzustreben. Erforderliche bzw. durchgeführte Maßnahmen sind der Rechtsaufsichtsbehörde anzuzeigen.

  • geplante Kreditaufnahmen sind jeweils auf das absolut zwingend erforderliche Maß zu reduzieren.

  • Der überdurchschnittliche Schuldenstand der Stadt sowie seiner Eigenbetriebe ist  wenn möglich kurz-, zumindest aber mittelfristig deutlich zu senken und jegliche Nettoneuverschuldung zu vermeiden oder zumindest auf das unabdingbar notwendige Maß zu reduzieren.

  • Eine positive freie Finanzspanne sowie eine möglichst hohe Zuführung vom Verwaltungs- an den Vermögenshaushalt ist zukünftig anzustreben, nach Möglichkeit zu gewährleisten,

  • Schuldendienst aus Überschüssen des Verwaltungshaushalts zu finanzieren bzw. ein Rückgriff auf entsprechende Ersatzdeckungsmittel ist zu vermeiden.

Zusammenfassend wies die Rechtaufsichtsbehörde zur Genehmigung des Haushalts auf Folgendes hin:

  • Nur unter Zurückstellung erheblicher Bedenken und in Fokus auf Pflichtaufgaben wurde dieser Haushalt genehmigt!!!

  • Die Stadt wird angehalten die lfd. Ausgaben als auch Investitionsmaßnahmen auf das unabdingbar notwendige Maß zu beschränken, Einnahmesituation deutlich und langfristig zu verbessern!

  • Dass angesichts hoher Gesamtverschuldung eine weitere Erhöhung der Verschuldung wie sie nach der vorgelegten Finanzplanung vorgesehen ist, haushaltsrechtlich für nicht vertretbar gesehen wird! D.h. dass künftig hierfür keine Genehmigung mehr zu erwarten sein wird.

Umso wichtiger ist es nun nicht nur für die beantragte Stabilisierungshilfe, ein Haushaltskonsolidierungskonzept vorzulegen und auch so umzusetzen, das diesen Anforderungen gerecht wird. Nur durch strikte Haushalts- und Aus- und Aufgabendisziplin wird es mittelfristig gelingen, die finanzielle Situation der Stadt wieder auf den rechten Weg zu bringen. Das Potenzial dazu ist jedenfalls vorhanden. Jetzt gilt es, dieses auch zu erschließen und zu nutzen und das kommunale Handeln danach auszurichten. 

Die zusammenfassenden Maßnahmen werden im Rahmen der Beratung im Wege einer kurzen Präsentation vorgestellt und erläutert. 

Vorab dazu noch einige allgemeine Hinweise:

Haushaltskonsolidierung beginnt auf der Ausgabenseite

Selbstverständlich ist Haushaltskonsolidierung weit mehr als Steuern- und Gebühren zu erhöhen. Im Fokus muss zuvorderst immer die Aufgabenkritik stehen. Der aufwändige und mühsame Prozess der Schaffung einer nachhaltigen Haushaltsstruktur erfordert erst einmal Grundlagenarbeit zu leisten. Für diese schwierige Ausgangssituation ist die Stadt Füssen nach anfänglichen „Zögern“ doch relativ gut in den Prozess der Haushaltskonsolidierung eingestiegen.  Und in den ersten 9 Monaten der wirklichen Auseinandersetzung wurde schon mehr erreicht, als so mancher für möglich gehalten haben dürfte. In den Themengebieten Liegenschaften & Immobilienstruktur“, Wohnraum für Personen mit Wohnraumversorgungsproblemen, freiwilligen Leistungen, der generationengerechten, schonenden Verwertung bzw. Nutzung von Immobilien und der künftigen Verwaltungsorganisation und –struktur wird es der Stadt Füssen gelingen, schon kurzfristig siebenstellige Sondererträge zu erwirtschaften und voraussichtlich auch dauerhaft sechsstellige Einsparungen zu generieren. 

Manchem mag das alles immer noch nicht schnell genug. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass mancher noch viel grundsätzlicher den Rotstift ansetzen möchte und pauschal die Budgets um 10 oder 20 Prozent kürzen möchte. In der freien Wirtschaft wird so vorgegangen, aber im Unterschied zur freien Wirtschaft ist die Kommune eine Mischung aus Pflicht- und Freiwilligkeitsleistungen und ein Großteil der Instrumente, die der freien Wirtschaft bei der Haushaltskonsolidierung zur Verfügung stehen, gehören bei einer Kommune in der Regel nicht zum Werkzeugkasten. 

Unser Konsolidierungsprozess sieht deshalb anders aus, als in der freien Wirtschaft. Besonders stolz können wir dabei darauf sein, dass wir nicht nur rückwärtsgewandt „Sparen“, sondern auch die Zukunft gestalten. Im Rahmen des Konsolidierungsprozesses versuchen wir zum Beispiel auch die Digitalisierung voran zu bringen und bestehende Pflichtaufgaben trotz aller Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit mit guter Qualität abzusichern. Dabei ist auch klar, dass wir gerade in die (digitale) Infrastruktur zusätzliches Geld stecken müssen. Die Einsparungen entstehen dabei erst in Zukunft. Bestes Beispiel dafür sind nicht nur unsere Straßen und unsere Ver- und Entsorgungseinrichtungen, sondern vor allem unsere Wohnungen und Immobilien.

Haushaltskonsolidierung als Chance betrachten

Der Haushaltsstrukturprozess den wir vor uns haben und der auch in den nächsten Jahren und den nächsten Haushalten Fortsetzung finden wird, ist ein umfassender, aufwendiger und undankbarer Prozess. Dies wird von den Betroffenen und Beteiligten auch immer wieder betont. Die Haushaltskonsolidierung ist jedoch auch eine CHANCE, die uns in der Konzentration auf das Wesentliche hilft. So wie die Fastenzeit zu Ostern gehört, ist die Rezession eine Grundvoraussetzung für langfristig erfolgreiches Wirtschaften. Haushaltskonsolidierung sorgt für Reinigung, für Konzentration auf das Wesentliche, sie zwingt uns zu Innovation und Effizienz und zum Blick über den Tellerrand.

Die vergangenen Klausurtagungen, die sich allesamt mit der Haushaltskonsolidierung beschäftigten, haben gezeigt, dass gutes Wirtschaften nicht nur bedeutet, für die Durchfinanzierung des Bestehenden zu sorgen. Noch viel wichtiger ist die grundsätzliche Frage, welche Leistungen möchten wir unseren Bürgerinnen und Bürgern
eigentlich heute, morgen und in Zukunft anbieten. Das Denken des Stadtrates ist
geprägt von der vorhandenen Infrastruktur – die unbestritten ein Pfund
ist und trotz aller Sparbemühungen gehegt und gepflegt werden muss. Im Prozess der Haushaltskonsolidierung dürfen wir uns jedoch auf
keinen Fall nur auf Fragen, wie erhalten wir was da ist, beschränken, sondern wir müssen
uns auch fragen, welche Leistungen wünschen wir uns in Zukunft.

Schwerpunkt Bildung und Betreuung

Die Kinderbetreuung von vor 30 Jahren hat nichts mehr mit der Kinderbetreuung von heute zu tun. Es ist davon auszugehen, dass wir hier weiter rasante Entwicklungen sehen werden. Trotz aller widrigen Umstände können wir froh sein, dass der Umbau, die Sanierung und der Neubau der Grund- und Mittelschule mit Dreifachsporthalle heuer gestartet werden kann. Selbstverständlich gilt es angesichts dieses 52-Millionen-Projekts nach weiteren Einsparungen zu suchen, ohne die Qualität für die Schülerinnen und Schüler zu schmälern. Ähnliches gilt für die Schaffung von Kinderbetreuungsplätzen. Beides ist zwangsläufig die Folge der Schaffung von Wohnbauland für die einheimische Bevölkerung. Trotz des Haushaltskonsolidierungskonzeptes sind die entsprechenden Mittel im Haushalt eingeplant. Schade nur, dass wir hier staatliche Zuwendungen oftmals über Jahre vorfinanzieren müssen, was den städtischen Haushalt noch zusätzlich belastet. Die entsprechenden Finanzierungsraten sind im aktuellen Haushalt vorgesehen. 

Infrastruktur Straßen, Wasser, Abwasser und Breitband

Die Erhaltung und der Ausbau der Infrastruktur bleiben auch künftig Investitionsschwerpunkt. Das betrifft unser Straßennetz, das erheblich unter dem Sanierungsstau leidet, genauso wie die Ertüchtigung des Wasser- und Abwassernetzes durch die Stadtwerke Füssen. Synergien in diesem Zusammenhang sollen über den geförderten Breitbandausbau über die Gigabit-Richtlinie genutzt werden.

Sicherheit und Katastrophenschutz

Für die Anschaffung von Feuerwehrfahrzeugen sind in diesem Jahr aber auch nach Bedarf in den Folgejahren vorgesehen. Dringend ist diese Neubeschaffung erforderlich. Die bestehenden Fahrzeuge müssen ersetzt werden, nicht zuletzt, weil die Rechnungen aus den Reparaturwerkstätten Dimensionen erreichen, wo jedem offensichtlich
wird, dass langfristig nur eines teuer ist als „Neubeschaffung“, nämlich „keine Neubeschaffung“. Mit mittleren fünfstelligen Beträgen setzen wir das Feuerwehr- und Katastrophenschutzkonzept weiter um. Die letzten Unwetterereignisse haben eindrucksvoll gezeigt, wie wichtig und notwendig das ist.

Bezahlbaren Wohnraum erhalten

Weiteres Schwerpunktthema auch im Konsolidierungskonzept ist die Schaffung bzw. die Erhaltung von bezahlbaren Wohnraum bzw. Wohnraum für Einheimische.  Durch die Bereitstellung städtischer Grundstücke sollen nicht nur neue Baugebiete für die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch Eigentums- und Mietwohnungen mit Unterstützung privater Wohnungsbauunternehmen entstehen. Das dort in den städtischen Grundstücken liegende Vermögen wird so unter anderem auch reinvestiert; zusätzliche Einnahmen werden zu einer finanziellen Entlastung beitragen.

Verwaltungsorganisation und –struktur & Stellenplan

Und selbstverständlich werde auch in der Verwaltung geprüft, wo Einsparpotenziale zu finden sind. Wir haben nicht umsonst in verschiedenen Bereichen auch schon Orga-Untersuchungen beauftragt, die es nun gilt, schrittweise umzusetzen. Weitere Bereiche der kommunalen Verwaltung werden auf dem Prüfstand stehen. Aber hier ist ebenso wie auch beim Thema Digitalisierung erst mittelfristig und nicht sofort mit Verbesserungen für den städtischen Haushalt zu rechnen. Schon jetzt ist die Personalentwicklung – nicht nur auf kommunaler Ebene – schwierig: viele Stellen, darunter entscheidende Führungspositionen, sind entweder gar nicht, teilweise oder werden in naher Zukunft aufgrund der altersbedingten Fluktuation nur mehr mühsam   oder teilweise nicht mehr besetzt werden können. Dabei wird nicht verkannt, dass gerade in Konsolidierungszeiten eine funktionierende Verwaltung wichtiger denn je ist. Deshalb müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch keine Sorge haben, dass evtl. der eine oder andere Arbeitsplatz aktuell gefährdet sein könnte. Eher geht es darum, alles dafür zu tun, damit qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in dieser Stadtverwaltung arbeiten können und möchten.

Pflichtaufgaben mit nur eingeschränkten Handlungsspielraum

Beim größten Anteil der städtischen Ausgaben handelt es sich um Pflichtaufgaben, etwa für die Bereiche Bildung und Sicherheit. Hier haben wir überhaupt wenig Handlungsspielraum, der sich nicht auf die Aufgabe bezieht, sondern nur über das Wie der Aufgabenerfüllung eingeschränkt genutzt werden kann. Darüber hinaus gibt es Pflichtaufgaben, bei denen wir durch Standards, die wir als Kommune festlegen dürfen, versuchen können, Kosten zu senken. Und drittens gibt es die freiwilligen Leistungen wie das Museum, die Stadtbibliothek, die Musikschule oder Bäder, auf die wir als Stadt zwar vollends verzichten könnten, was aber natürlich sehr schmerzlich wäre und keiner wirklich wollen kann.

Bei den „Streichrunden“ mit dem Stadtrat in den vergangenen Monaten hat sich gezeigt, dass auch in Füssen „Sparen“ eigentlich meist nur Verschieben in die Zukunft bedeutet. Investitionen permanent zu verschieben ist keine Lösung. Totsparen auch nicht. Unsere Aufgabe muss es sein zu definieren, was wir in unserer Stadt für Leistungen in Zukunft anbieten wollen und dann gilt es für die notwenige Finanzierung für diese Angebote zu sorgen. Nicht jedes Angebot muss dabei von der Kommune erbracht werden. Bisweilen sorgt auch der Markt für gute und professionelle Lösungen. Manche Angebote können zukünftig vielleicht auch einfach an einem anderen Ort erbracht werden. 

Das gilt vor allem auch für Private und unsere rührigen Vereine und Gruppierungen. Sparen sollten wir deshalb als strukturelle und intelligente Aufgabe verstehen, bei der es darum geht, den Rahmen so zu definieren, dass die Angebote, die uns wichtig sind, fortbestehen und vielleicht sogar ausgebaut werden können. So definiert, sind Konsolidierungsprozesse nur eine Gefahr für das „weiter so“, aber nicht für das Angebot an sich. Wenn wir die Haushaltskonsolidierung so verstehen, dann überwiegen die Chancen und nicht die Risiken. Die Haushaltskonsolidierung sollte uns motivieren, dass Handlungsmöglichkeiten für die Zukunft eröffnet werden können, die es sonst vermutlich nicht gäbe bzw. mit denen wir uns sonst vermutlich nicht beschäftigen würden.  Konsolidierung birgt so ein konstruktives Element in sich, auch wenn man das anfangs gerne übersieht. Konsolidierung ist die erholsame Pause zum Innehalten und Nachdenken. Konsolidierung ist die Möglichkeit zur Reflektion und zur Überprüfung der eigenen Ziele.

Allen Beteiligten ist angesichts der Finanzsituation der Stadt, der hohen Fremdfinanzierungsrate, den anstehenden Infrastrukturprojekten wie Schulen und Kindertagesstätten aber auch der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Situation (z.B. Inflationsentwicklung, Baupreissituation, Zinsentwicklung, Energiekostenentwicklung usw.) klar, dass an einen Abbau der Schulden vorerst nicht zu denken sei. Denn dafür müssten über Jahre Überschüsse eingefahren werden. Davon sind wir noch weit entfernt. 

Trotzdem oder gerade deswegen ist Konsolidierung die Chance, zu bewahren was uns wichtig ist. Sie ist auch die Chance anzugehen, was wir schon immer vermisst haben. Konsolidierung und Haushaltsstruktur müssen offene, konstruktive und vorwärts gewandte Prozesse sein. Hier müssen wir noch besser werden und sowohl der Stadtrat als auch die Verwaltung müssen in Vorlagen stärker die Zukunftsperspektive in den Blick nehmen. Wir konsolidieren, weil wir eine bestimmte Zukunft vor dem inneren Auge haben. Im konkreten Prozess nehmen wir jedoch, fast schon automatisch die rückwärtsgewandte Perspektive ein. Diese ist wichtig und vermutlich sogar zwingend der Startpunkt jedes neuen Denkens. Spätestens bei der Beschlussfassung sollten wir uns davon jedoch Lösen und vorwärts und in die Zukunft gewandt aufzeigen, was wir mit unserem Handeln und unseren Entscheidungen erreichen wollen. Natürlich geht die Pflicht zum Haushaltsausgleich allen anderen voran, weil auf Dauer keine Pflicht mehr erfüllt werden kann, wenn der Haushaltsausgleich nicht gelingt. 

In der aktuellen Phase hat der HAUSHALTSAUSGLEICH natürlich einen gewissen Eigenwert. Wir konsolidieren jedoch nicht, um es dem Haushalt recht zu machen, sondern weil wir langfristig für die Bürgerinnen und Bürger Pflichtaufgaben und freiwillige Aufgaben erfüllen möchten Füssen mit einem überdurchschnittlichen Angebot und einer überaus hohen Lebensqualität als eine liebens-und lebenswerte Kommune im Landkreis erhalten möchten. Dazu müssen und wollen wir kurzfristige und mittelfristige Lösungen finden, um den städtischen Haushalt zu konsolidieren. Der Anfang ist gemacht. Wir sind auf dem richtigen Weg, aber der Weg ist noch lang!

Beschlussvorschlag

Der Stadtrat der Stadt Füssen beschließt die beiliegende Erstfassung des Haushaltskonsolidierungskonzeptes für die Stadt Füssen. Dieses bildet die Grundlage für die künftige Haushalts- und Wirtschaftsführung der Stadt und setzt die Leitlinien des künftigen Handels der Stadt mit dem Ziel, mittelfristig wieder finanziell handlungsfähig zu werden. Das Konzept dient dazu als eine politische Grundsatzerklärung mit Selbstverpflichtung sowohl für die Politik und Verwaltung für die bevorstehenden finanzpolitischen Herausforderungen zu verstehen.

Spätestens zur jeweiligen Haushaltsaufstellung und Haushaltsberatung ist dieses Konzept den aktuellen Entwicklungen anzupassen und fortzuschreiben. Dieser Fortschreibung voraus geht künftig jeweils ein Monitoring, ob und inwieweit die gesetzten Ziele erreicht wurden bzw. was ggf. zusätzlich getan werden muss, damit diese erreicht werden.

Diskussionsverlauf

Ilona Deckwerth weist darauf hin, dass die finanzielle Situation der Stadt Füssen prekär ist; das ist allen inzwischen bewusst. Selbst das Landratsamt als Rechtsaufsichtsbehörde beschreibt in seiner mit Auflagen versehenen Genehmigung des Haushalts 2022 die Situation mit diesem Wort. Es müssen darum Schritte unternommen werden, die tiefgreifende Wirkungen haben. Diese müssen einer klaren langfristigen und nachhaltigen Strategie folgen.

Wir sehen gute und gutgemeinte Ansätze im vorliegenden Haushaltskonsolidierungskonzept, aber es fehlt in wesentlichen Teilen die klare Strategie. So werden etwa in der verständlichen Suche nach Einnahmemöglichkeiten Vorschläge zur Veräußerung von städtischen Immobilien und unbebauten Grundstücken gemacht, die kurzfristig Finanzlöcher stopfen sollen, aber keine nachhaltige Stadtentwicklung erkennen lassen. Wie auf einem Flickenteppich werden Vorschläge präsentiert, mit denen einerseits durch Verkäufe Geld eingenommen und andererseits Wohnraum geschaffen werden soll. An sich sind beides begrüßenswerte Unterfangen, aber angesichts der mangelnden Sensibilität für die Rahmenbedingungen und die jeweilige Historie der Gebäude bzw. Grundstücke sind Ablehnung und Widerstand durch die betroffenen Anlieger, aber auch der Stadtgesellschaft insgesamt vorprogrammiert, wie es am Beispiel der Verkaufsabsichten im Bereich des Dreitannenbichls zu verfolgen ist.

Der Plan, an der Nordseite des Dreitannenbichls Baufelder für ein Hochhaus und mehrere Reihenhäuser auszuweisen, widerspricht eklatant der bisherigen städtebaulichen Struktur dieses Wohngebiets, das sich durch große Freiflächen auszeichnet. Was hier als Nachverdichtung beschönigt werden soll, ist nichts anderes als ein grober Verstoß gegen das nachbarschaftliche Rücksichtnahmegebot und würde den Anfang vom Ende des Dreitannenbichls bedeuten, denn dieser Bereich ist als Ganzes und nur als Ganzes in einmaliger Weise landschafts- und stadtbildprägend. Darum ist die Idee einer Nachverdichtung an dieser Stelle eine missbräuchliche Verschleierung der Aufgabe der bislang dort geltenden städtebaulichen Grundprinzipien zu Lasten der dort bereits wohnenden Bevölkerung und des Stadtbildes.

In ähnlicher Form finden sich weitere Prüfabsichten zum Verkauf von Immobilien, die von großer historischer und stadtbildprägender Bedeutung für Füssen sind. Solche Vorhaben dürfen nur umgesetzt werden, wenn es gar keinen anderen Weg zur Sanierung der städtischen Finanzen mehr gibt. Aber genau das ist der entscheidende Punkt: Es gibt Alternativen.

Anstelle des kurzsichtigen Verkaufs städtischer Pretiosen muss das Gebiet Füssen Nord/Achmühle entschlossen als Wohn- und Gewerbegebiet entwickelt und vorangebracht werden, zumal ein beträchtlicher Teil der dortigen Grundstücke bereits in städtischem Eigentum stehen. Mit der Entwicklung eines neuen Stadtteils an dieser Stelle können viele der dringend benötigten bezahlbaren Wohnungen geschaffen, Gewerbeflächen bereitgestellt und vor allem durch den Verkauf des höherwertigen Wohnbaulands auch die Einnahmen der Stadt wesentlich erhöht werden. Wie schon früher ausgeführt, könnte hier ein Pilotprojekt wohnortnahen Arbeitens bzw. arbeitsnahen Wohnens entstehen. Diese Chance darf nicht länger ungenutzt bleiben

Wolfgang Bader entgegnet, dass das Ganze ein Arbeitsprozess ist, bei dem jeder Rückschläge hinnehmen muss. Die Vorschläge seiner Vorrednerin hätte man ggf. früher besprechen können. Die Punkte sind nicht für immer und ewig so festgeschrieben wie sie jetzt beschlossen werden.

Peter Hartung erinnert, dass seit der ersten Sitzung Lösungen und Vorschläge anzubringen waren. Er findet das solch eine Rede bei der heutigen Sitzung unangebracht ist. 

Nikolaus Schulte ärgert sich, wieso man sich nicht an Absprachen halten kann und so viel Zeit bei solchen Sitzungen verschwenden muss. Ein neues Baugebiet zu erschließen findet er zu früh, da man im Weidach und Pitzfeld gerade ein neues Wohngebiet schaffen möchte. Es werden auch keine neuen Kreditaufnahmen getätigt.

Erster Bürgermeister Maximilian Eichstetter gibt an, dass man bereits gegen Ferien- und Zweitwohnungen ist. Jeder möchte bezahlbaren Wohnraum haben aber keiner ist bereit diesen vor seiner eigenen Haustür zu akzeptieren.

Jürgen Doser richtet sich mit seinen Worten direkt an Ilona Deckwerth und gibt klar zum Ausdruck, dass ihre Worte nicht das spiegeln, was andere Haushalte machen. Der Stadtrat tagte Nachmittags- und Abendweise an diesem Konzept und hat es gemeinsam ausarbeitet.

Erich Nieberle rechtfertigt sich gegen die Vorwürfe, dass er und Ilona Deckwerth zu diversen Sitzungen mit Thema Haushaltskonsolidierung nicht anwesend waren indem er sagt, dass es nur einen Termin gegeben hat wo sie beide leider nicht teilnehmen konnten und man ihnen die Abwesenheit somit nicht vorwerfen konnte.

Ilona Deckwerth gibt darauf an, dass sie aus persönlichen Gründen nicht an den Sitzungen teilgenommen hat. Man braucht einen größeren Lösungsansatz als jede Kleinigkeit extra anzugehen. Es ist ihr Anliegen, u.a. die Gewerbesteuer zu erhöhen, da das Landratsamt dies ausdrücklich in einem Schreiben an die Stadt verfasst hat („muss Gewerbesteuer erhöhen“). Sie plädiert darauf auch mal in eine andere Richtung zu denken und die Gewerbesteuer zu erhöhen.

Erster Bürgermeister Maximilian Eichstetter erklärt erneut, dass das Haushaltskonsolidierungskonzept nicht in Stein gemeißelt ist und immer bearbeitet werden kann. Die Punkte werden jedes Jahr wieder durchleuchtet. Es ist notwendig mehr Gewerbefläche zu schaffen, um Gewerbetreibende anzulocken welche auch die Gewerbesteuer zahlen. Auch er gibt nochmal an, dass der Stadtrat bereits hunderte von intensiven Stunden in dieses Konzept reingesteckt hat.

Thomas Scheibel berichtet, dass es Studien gibt, indem Städte und Gemeinden ihre Gewerbesteuer gesenkt haben aber dadurch die insgesamt Einnahmen erhöht haben. Denn man sollte sich fragen, wieso die Firmen welche die Gewerbesteuer zahlen, ihren Sitz nicht in Füssen haben.

Erster Bürgermeister Maximilian Eichstetter gibt an, dass Füssen-Nord entwickelt werden soll. Dafür hat man momentan aber zu wenig Zeit, da andere Baugebiete gerade in der Planung und Finalisierung sind. Außerdem hat man die nächsten 5 Jahre keine Möglichkeit dieses Projekt in Angriff zu nehmen, denn man muss erst mehrere Millionen investieren um etwas rausholen zu können.

Dr. Anna Derday ist der Meinung, dass das Statement von Ilona Deckwerth hier falsch am Platz ist. Das Haushaltskonsolidierungskonzept ist eine Leitlinie für die Stadt, mit welchem man ein Konzept entwickelt zur Stabilisierung der momentanen Haushaltslage. 
 

Beschluss

Der Stadtrat der Stadt Füssen beschließt die beiliegende Erstfassung des Haushaltskonsolidierungskonzeptes für die Stadt Füssen. Dieses bildet die Grundlage für die künftige Haushalts- und Wirtschaftsführung der Stadt und setzt die Leitlinien des künftigen Handels der Stadt mit dem Ziel, mittelfristig wieder finanziell handlungsfähig zu werden. Das Konzept dient dazu als eine politische Grundsatzerklärung mit Selbstverpflichtung sowohl für die Politik und Verwaltung für die bevorstehenden finanzpolitischen Herausforderungen zu verstehen.

Spätestens zur jeweiligen Haushaltsaufstellung und Haushaltsberatung ist dieses Konzept den aktuellen Entwicklungen anzupassen und fortzuschreiben. Dieser Fortschreibung voraus geht künftig jeweils ein Monitoring, ob und inwieweit die gesetzten Ziele erreicht wurden bzw. was ggf. zusätzlich getan werden muss, damit diese erreicht werden.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 17, Dagegen: 3

Abstimmungsbemerkung
Bastian Schuhwerk war bei dieser Abstimmung noch nicht anwesend.

Dokumente
LRA OAL_Haushaltsgenehmigung 2022 (.pdf)

Datenstand vom 20.11.2022 07:59 Uhr