Erarbeitung eines Energiekonzeptes; Erstellung eines ganzheitlichen Energienutzungsplans mit vorgezogener Betrachtung von Teilaspekten (z.B. Bundesstützpunkt, FFW-Haus Füssen, Bauhof, Rathaus und Baugebiete)


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Stadtrates, 25.10.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat Sitzung des Stadtrates 25.10.2022 ö beschliessend 8

Sachverhalt

Die Energiewende ist auch mit dem Atomausstieg noch lange nicht abgeschlossen. Das „2 Grad Ziel“ in Bezug auf die globale Erderwärmung kann nur bei annähernder CO2-Freiheit des gesamten Energiesektors erreicht werden. Neben dem Strom sind die Wärme und der Verkehr zu betrachten.

Die „großen“ politischen Ziele werden vor Ort umgesetzt und lassen viele Handlungsspielräume. Die Gemeinde hat Steuerungsmöglichkeiten in puncto Versorgungssicherheit, Umweltfreundlichkeit, Wirtschaftlichkeit und örtlicher Wertschöpfung.

Der Energienutzungsplan vermittelt der Gemeinde eine ganzheitliche Betrachtung im Sinne des „Energie-3-Sprungs“ (1. Energiebedarf senken, 2. Energieeffizienz steigern, 3. Erneuerbare Energien ausbauen) und ermöglicht eine systematische Herangehensweise.

Der Freistaat Bayern fördert kommunale Gebietskörperschaften und Unternehmen, die Studien zur Energieeinsparung, zur Energieeffizienz sowie zur verstärkten Nutzung von erneuerbaren Energien/KWK (Kraft-Wärme-Kopplung) erstellen lassen. Die Studien sollen insbesondere anbieterneutrale Machbarkeitsbetrachtungen in technischer, infrastruktureller und wirtschaftlicher Hinsicht, als Grundlage für geplante Investitionen, enthalten. Die Förderung erfolgt in Form eines Zuschusses.

Diese Förderlinie unterstützt folgende Zielsetzungen:

  • Erstellung von Energiekonzepten (durch fachkundige Dritte) zur Energieeinsparung, Effizienzsteigerung und zum Einsatz erneuerbarer Energien
  • Erstellung von Energienutzungsplänen (durch fachkundige Dritte). Das Ziel ist die Gewinnung einer Entscheidungsgrundlage für Investitionen zur Energieeinsparung, zur Effizienzsteigerung und zum Einsatz erneuerbarer Energien/KWK.
  • Umsetzung von Maßnahmen, die in einem nach diesem Programm geförderten kommunalen Energienutzungsplan vorgeschlagen werden.
  • Antragsberechtigt sind Unternehmen, sowie kirchliche und andere Einrichtungen mit Sitz oder Niederlassung in Bayern
  • Gefördert werden Energiekonzepte, erstellt durch fachkundige Dritte, zur Energieeinsparung, zur Effizienzsteigerung und zum Einsatz erneuerbarer Energien/KWK.

Was ist ein Energienutzungsplan?

Der Energienutzungsplan bildet die Klammer um alle in der Gemeinde relevanten Energiethemen und stellt sicher, dass diese von der Gemeinde in einer systematischen Form angegangen werden. Im Mittelpunkt steht die Betrachtung des Wärmesektors. Die Erstellung des Energienutzungsplans
erfolgt in sechs aufeinanderfolgenden Phasen:


Grundlage der Planungen ist die Erfassung der energetischen Ausgangssituation in der Gemeinde. Neben der vorhandenen Energieinfrastruktur werden die derzeitige Endenergiebilanz, die Primärenergiebilanz und die CO2-Bilanz abgebildet. Dabei ist die Erstellung eines detaillierten Wärmekatasters der zentrale Bestandteil des Energienutzungsplans. Die Potenziale zur Energieeinsparung und Energieeffizienzsteigerung werden ermittelt. Z.B. werden quantifizierte Gebäudesanierungspotentiale differenziert nach der Baualtersstruktur und Typologie der Gebäude berechnet.

Daraus lassen sich Gebiete ableiten, in denen die energetische Sanierung forciert werden soll. Das Ausbaupotenzial an erneuerbaren Energien wird in enger Abstimmung mit den betroffenen Akteuren vor Ort untersucht (z. B. Forstamt, etc.).

Im Zuge des Energienutzungsplans sind erste Projekte eines Maßnahmenkatalogs detailliert zu prüfen. Die Schwerpunktsetzung erfolgt in Abstimmung mit der Kommune. Als Bestandteil des Maßnahmenplans werden 5-10 konkrete Maßnahmen vorgeschlagen, die auch wirtschaftlich zu bewerten sind. Typische Beispiele sind Wärmenetze (für die geplanten Baugebiete), energetische Sanierungen z.B. im Bundesstützpunkt, der Grund- und Mittelschule usw., die Versorgung mittels BHKW von Einzelobjekten und die Modernisierung der Straßenbeleuchtung.

Auf Basis der bis dato erhaltenen Ergebnisse sind die für die Umsetzung des Energienutzungsplans wichtigen Fragestellungen gemeinsam mit den relevanten Akteuren vor Ort
zu diskutieren und für dabei auftretende Problemstellungen Lösungsansätze aufzuzeigen.

Die zukünftige Energiestrategie wird entwickelt. Die Reduktionspotenziale durch Energieeffizienzsteigerung und den Ausbau erneuerbarer Energien in den einzelnen Verbrauchergruppen werden erarbeitet und quantitative Umsetzungsziele mit der Gemeinde vereinbart.

Empfehlung: Der Energienutzungsplan als „Wärmeplan“!

Der Löwenanteil (54 Prozent) des deutschen Endenergieverbrauchs entfällt auf die Wärme, überwiegend Raum- und Prozesswärme. Zukunftsszenarien für 2050 fordern aus Klimaschutzgründen drastische Reduzierung des Wärmenergiebedarfs und möglichst hohen Anteil der regenerativen Energien.

Der Wärmesektor ist daher im Umbruch: Gas und Öl können auch bei effizientester Nutzung nur noch eine Nebenrolle spielen. Anteil der Wärmenetze muss steigen, um wirtschaftlichen und großvolumigen Einsatz der erneuerbaren Energien zu ermöglichen.

Wirtschaftliche Wärmenetze bedürfen einer Wärmeplanung: Ihr Einsatz ist im Gesamtzusammenhang mit der wärmetechnischen Gebäudesanierung und Einzelhausfeuerungen
zu sehen. Gesucht ist die kosteneffizienteste Lösung für eine weitgehend CO2-freie Wärmeversorgung!

Anders als Strom ist Wärme aus technischen Gründen ein lokales Thema. Der gemeindliche Energienutzungsplan ist daher das geeignete Instrument für die Wärmeplanung.

Beispiel Dänemark: Dort gibt es bereits seit 40 Jahren eine verbindliche kommunale Wärmeplanung. Resultat: 60 Prozent des dänischen Wärmebedarfs werden leitungsgebunden gedeckt (Deutschland: gut 10 Prozent).

Wie könnte es weitergehen?

Ein Energienutzungsplan wird durch ein geeignetes Fachbüro erarbeitet. Unser kommunaler Spitzenverband stellt dazu den Kommunen eine Leistungsbeschreibung zur Verfügung, die den Kommunen hilft, den gewünschten Qualitätsstandard zu erzielen (siehe Anlage).

Aus haushaltsrechtlichen Gründen und auch als Voraussetzung für eine Förderung sind mindestens drei Vergleichsangebote einzuholen. Auch hier unterstützt der Bayer. Gemeindetag seine Mitglieder. Er führt eine Liste mit Fachbüros, die sich verpflichtet haben, Energienutzungspläne nach den vom Gemeindetag empfohlenen Qualitätsstandards anzubieten. Es wird empfohlen bei der Bieterauswahl fachliche Beratung hinzuzuziehen.

Energienutzungspläne erhalten eine Förderung von 70 Prozent über das Programm BayINVENT des Bayerischen Wirtschaftsministeriums, Förderschwerpunkt Energieeinsparkonzepte und Energienutzungspläne, Antragstelle ist Bayern Innovativ, Abteilung ITZB; http://www.stmwi.bayern.de/service/foerderprogramme/energiefoerderung 

Die Gesamtkosten für einen Energienutzungsplan sind pauschal und ohne ein konkretes Angebot mit rund 75.000 € zu veranschlagen. Abzüglich der 70 %-igen Förderung verbleibt bei der Stadt voraussichtlich ein Anteil in Höhe von 55.000 €. 

Wegen der Dringlichkeit wäre für Füssen folgende Vorgehensweise vorstellbar:

Variante 1: 
Fokus auf die kurzfristig benötigte Lösung am Eisstadion + städtische Liegenschaften in der Nähe zum Eisstadion (z.B. Bauhof, FFW-Haus, Rathaus usw.). Ergänzt werden könnte bzw. sollte diese Variante 1 um die Energie- vor allem Wärmeversorgung der neu geplanten Siedlungsgebiete (Weidach-Nord O 75 und Weißensee-Oberkirch-Pitzfeld). Dies könnte über einen Teil-Energienutzungsplan realisiert werden, der mit bis zu 70% durch das StMWi gefördert wird. 

Variante 2: 
Betrachtung des gesamten Stadtgebietes unter dem Hintergrund zukünftiger Wärmeleitplanungen 
Diese Gesamtbetrachtung wäre über einen Gesamtenergienutzungsplan realisierbar, ebenfalls mit bis zu 70% durch das StMWi förderfähig.

Auch wenn es mittelfristig absolut sinnvoll ist, eine nachhaltige, sichere und systematische Entwicklung eines Energie-Konzepts zu erarbeiten, ist eine zeitnahe Teilumsetzung aufgrund der Aktualität und vor allem der hohen Steigerungen in allen Wirtschaftsbereichen unbedingt erstrebenswert.  Ideal wäre, wenn die die Anlage (Versorgung BSP / Rathaus) bis spätestens Ende 2024 laufen könnte. 

Daher die Einleitung der konkreten Planung in Form einer Beauftragung der Voruntersuchung / Vorstudie sinnvoll:

Konkreter Vorschlag dazu:

  • Auftrag einer Vorstudie (Dietmayer) 
  • Ermittlung der technischen Randbedingungen (Leistungen und Wärmeverbräuche der potentiellen Abnehmer, Netzlänge, Anzahl der Abnehmer, Platzbedarfe,                          mögliche Standorte für die Heizzentrale etc.) 
  • Ermittlung der wirtschaftlichen Randbedingungen (Berechnung der Investitionskosten, Berechnung der möglichen Zuschüsse und Förderungen, Wirtschaftlichkeitsberechnung, Ermittlung des möglichen Wärmepreises. 
  • Fortführung des Projektes

Eckdaten Anlage:
  • - Planung bis Mitte/Ende 2023
  • - Umsetzung ab Mitte/Ende 2023
  • - Energiezentrale (Seilerstraße)
  • - Hackschnitzelkessel (2x400 kW Wärmeleistung)
  • - rd. 5000 m³ naturbelassene Hackschnitzel/ Jahr (benötigter Brennstoff)
  • - rd. 2500 m³+X aus städtischem Wald
  • - Wärmeerzeugung v. rd. 2,5 Mill. KWh/a
  • - Gesamtkosten sehr grobe Schätzung rd. 3,5 Mill. mit Tiefbauarbeiten ohne Förderung

Noch ein abschließender Hinweis:

Die Stadt Füssen hat zwar mit der eza im Jahr 2014 ein Energiekonzept bzw. ein integriertes Klimaschutzkonzept erarbeitet, das bis heute als Grundlage dient. Allerdienst ist dieses weder hinsichtlich der damaligen Ausgangslage noch mit der Zielrichtung einem Energienutzungsplan vergleichbar. Dies vor allem auch, weil damals von einer Energiewende wie wir sie heute erleben allenfalls in fernen Zukunftsszenarien die Rede war. Der Focus des damaligen Konzeptes lag deshalb auch der Zeit entsprechend auf Klimaschutzmaßnahmen und vor allem auf Energieeffizienzmaßnahmen an städtischen Immobilien bzw. für die Öffentlichkeit.

Nun geht es im Energienutzungsplan darum, Füssen vom aktuellen Gas- und Strommarkt durch den Ausbau und die Förderung regenerativer bzw. erneuerbarer Energiequellen zukunftsfähig zu machen.

Beschlussvorschlag

Der Stadtrat beschließt die Erarbeitung eines Energiekonzeptes entsprechend dem vorstehenden Vorschlag. Die Verwaltung wird beauftragt, hierzu entsprechende Angebote einzuholen, die Finanzierung (Förderung) entsprechend abzuklären und dem Stadtrat die eingegangenen Angebote zur endgültigen Beauftragung vorzulegen.

Diskussionsverlauf

Dr. Martin Metzger findet es gut, nicht nur, weil es kostengünstig ist, sondern weil es auch längst Zeit wurde.

Wolfgang Bader stimmt Dr. Martin Metzger zu.  Er erinnert an seinen früheren Vorschlag, einen  Klimamanager einzustellen, welcher auch für 3 Jahre vom Staat finanziert wird. Dieser würde der Stadt zuarbeiten.  Nikolaus Schulte ist gegen den Vorschlag von Wolfgang Bader. Er würde extern jemanden mit diesen Leistungen beauftragen wollen.

Christine Fröhlich möchte wissen, wie der zeitliche Rahmen ist und man mit Ergebnissen rechnen kann. Außerdem ist auch eigentlich kein Geld da für solch ein Projekt.

Peter Hartl antwortet, dass es voraussichtlich Ende 2023 fertig sein wird. Man muss Angebote einholen und Förderanträge stellen. Momentan ist es auch schwierig, einen Klimamanager zu finden.

Erich Nieberle unterstützt den Vorschlag von einem Klimamanager und meint man sollte trotz des schwierigen Arbeitsmarkts probieren, ob man jemanden findet.

Andreas Eggensberger findet, dass man bei den aktuellen Daten keine Klimamanager braucht. Sie werden sich aber im Klimabeirat darüber Gedanken machen. Er unterstützt den Beschlussvorschlag.

Erster Bürgermeister Maximilian Eichstetter regt an, eine Klimamanager für mehrere Gemeinden bzw. für die Zweckverbandskommunen auszuloten, da die Probleme der Kommunen meistens die gleichen sind.

Beschluss

Der Stadtrat beschließt die Erarbeitung eines Energiekonzeptes entsprechend dem vorstehenden Vorschlag. Die Verwaltung wird beauftragt, hierzu entsprechende Angebote einzuholen, die Finanzierung (Förderung) entsprechend abzuklären und dem Stadtrat die eingegangenen Angebote zur endgültigen Beauftragung vorzulegen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 21, Dagegen: 0

Abstimmungsbemerkung
Peter Hartung nahm an der Abstimmung nicht teil.

Datenstand vom 05.01.2023 07:34 Uhr