Revitalisierung des Hanfwerke-Areals Vorstellung und Billigung des grundsätzlichen Konzeptes; Ggf. Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Stadtrates, 23.05.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat Sitzung des Stadtrates 23.05.2023 ö beschliessend 2

Sachverhalt

In der Sitzung am 23.05.2023 wurden die ersten Ergebnisse für die künftige Entwicklung des Areals in Form eines Masterplans vorgestellt und darüber beraten. 

Der Masterplan beinhaltete folgende Nutzungen:

  • Gewerbe
  • Dienstleistung
  • Wohnen
  • Hotel und Gastro
  • Indoor Sport / Freizeit mit Gastronomie
  • Mobilitätshub (Parkhaus)

Das Areal soll eine verbesserte Ein-/Ausfahrt von/zur B 17 (Tiroler Straße) erhalten.

Vorabstimmungstermine u. a. mit dem Landratsamt Ostallgäu, Vertretern des Denkmalschutzes, des Staatlichen Bauamtes (Bereich Straßenbau) haben stattgefunden. 

Eine Stellungnahme von Füssen Tourismus und Marketing liegt zum derzeitigen Projektstand vor. Deren Inhalte sind aus Sicht der Verwaltung bei der Weiterentwicklung zu berücksichtigen:

„Der Magnus Park befindet sich in einer altstadtnahen, panoramareichen Vorzugslage. Die aktuell vorliegende Version des Masterplans enthält […] für eine touristische Betrachtung relevante Bausteine. 

Zu diesen Bausteinen liegen (…) aktuell nur grobe offizielle Informationen vor. Positiv ausgelegt, besteht reichlich Spielraum, die unternehmerischen Ziele des Eigentümers und diejenigen der Stadt Füssen zu synchronisieren und Synergien sicherzustellen. Aus touristischer Sicht und in Übereinstimmung mit den sich aus der Marke Allgäu, deren Werte sich auch die Stadt Füssen verpflichtet hat, ergebenden Anforderungen ist ein Augenmerk zu richten auf:

- Qualität
- Nachhaltigkeit
- Regionalität/regionale Vernetzung und Wertschöpfung
- verkehrsentlastende Mobilität —> Parkraum als Auffangraum und ÖPNV
- Besuchermanagement —> Entzerrung
- Vorrang der Stärkung der bestehenden Gewerke vor neuen Gewerken
- Berücksichtigung der Belange des Denkmalschutzes und des Naturschutzes (—> diesbezüglich 
  wurden sehr konstruktive Gespräche geführt und Einigungen erreicht)

Diese Anforderungen bedeuten für die einzelnen Bausteine:

HOTEL:
Die touristischen Gremien von FTM haben sich sehr klar positioniert, dass kein grundsätzliches Interesse an einer Bettenmehrung besteht, allenfalls bestehenden Betrieben auch quantitative Entwicklungsmöglichkeiten gegeben werden, wenn dies zu einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit nötig ist. Neue Kapazitäten sollen nur dann gefördert werden, wenn sie helfen, eine Nische zu schließen (Barrierefreiheit, Familienhotel), wenn sie systemrelevante Betriebe stützen (Bundesstützpunkt, Festspielhaus) oder Leuchtturmcharakter haben können (analog Sonnenalp in Ofterschwang). Dieser Orientierungsrahmen sollte von den zukünftigen Eigentümern/Betreibern beachtet werden.

GASTRONOMIE:
Was die Gastronomie betrifft, gibt es keine dem Hotelsektor vergleichbare Orientierung. Aus der Nachfrage von Gästen und Einheimischen ergibt sich ein Bedarf an einer regionalen Kulinarik, durchaus kreativ, unter Nutzung (nachweislich) regionaler Produkte (im Gegensatz zu Convenience), einem nachvollziehbaren Preis-Leistungsverhältnis (nicht gleichzusetzen mit „billig“, Sterne-Küche an dieser Stelle nicht nötig) und mehr als nur einem Mindestangebot für Vegetarier:innen und Veganer:innen. Ehemalige Industriegebäude bieten herausragende Chancen für eine nicht austauschbare Atmosphäre. Ein eigenes Craft Bier könnte das Angebot einzigartig machen.

INDOOR-FREIZEITERLEBNIS:
Angesichts ganzjährig auftretender Niederschlagszeiten im Allgäu ist die Nachfrage nach Indoor-Erlebnissen groß. Vor allem für Kinder und Jugendliche bzw. Familien wäre dieser Bereich ausbaufähig und könnte den Bedarf abdecken, wie er sich auch in den Nachbargemeinden zeigt. Vergleichbares Angebot outdoor mit starker über die Stadt hinausgehender Ausstrahlung: der Skate- und Bikepark. Zu prüfen ist, inwiefern diese Einrichtung für sich alleine funktionieren oder ob sie mit der Zielgruppe des Hotels in Deckung gebracht werden soll. Bestehende Angebote sollten nicht kannibalisiert werden.

MOBILITÄT:
Der Magnus Park hat den Vorzug einer Randlage in Fußweite zur Altstadt. Diesbezüglich ist er noch besser gelegen als der Parkplatz am Festspielhaus und am Volksfestplatz. Er kann als Auffangparkplatz (für den aus dem Osten kommenden Verkehr) funktionieren, ohne einen zusätzlichen öffentlichen Shuttle in die Altstadt zu erfordern. Sollte dem Magnus Park die Funktion solch eines Hubs zugewiesen werden, werden indes große Parkplatzkapazitäten nötig, da auch dem Bedarf aus dem Hotel heraus Rechnung zu tragen ist. (Solch eine Entwicklung entledigt Füssen nicht der Notwendigkeit der Entwicklung weiterer Hubs im Norden und Westen).

Der Magnus Park auf dem Areal der ehemaligen Hanf-/Textilwerke profitiert von einer altstadtnahen (fußläufigen), panoramareichen (Lech, Stadtansicht) und an den ÖPNV angebundenen Vorzugslage. Seine Entwicklung schließt die Kette für zwei erlebnisorientierte Achsen:

1. LECH:
Naturräumlich gesehen, ist der Lech vielleicht DER Held Füssens. Zahlreiche Angebote lehnen sich an. Der Magnus Park ist erlebnistechnisch noch unterentwickelt und könnte mit dem skizzierten Angebot sowie Lechterrassen den Lückenschluss sicherstellen:
Walderlebniszentrum - Lechfall – Magnus Park - Lechbrücke - Lechuferweg - Bootshafen - Festspielhaus. Eine derartig hochwertige Abfolge von Attraktionen entlang eines Flusses sucht mindestens im ländlichen Raum ihres Gleichen.

2. ALTSTADT-VORSTADT-RING:
Angesichts des Umstandes, dass sich das Wandererlebnis immer stärker in Richtung Spazieren und Flanieren entwickelt, besteht Bedarf an kurzweiligen Routen einer Dauer um ca. zwei Stunden. Das Areal des Magnus Parks fällt diesbezüglich in puncto Erlebnisqualität noch stark ab. Ähnlich wie bei der Erlebnisachse Lech bedarf es eines Lückenschlusses:
Altstadt - Lechbrücke – Magnus Park - Lechfall - Bad Faulenbach - Baumgarten - Altstadt
Diese Runde schließt die Lücke zwischen einem klassischen Stadtrundgang (Trilogierundgang) und „ausgewachsenen“ Wanderungen (z.B. Lechschleifen).

Auch aus touristischer Sicht wäre die Weiterentwicklung des Magnus Parks ein Meilenstein der Stadtentwicklung - wobei an dieser Stelle die Potenziale aus Wohnbebauung und Gewerbe/Dienstleistung zuständigkeitshalber unberücksichtigt bleiben. Eventuelle Zielkonflikte in Bezug auf zusätzliche Hotelbetten werden durch die enorme Aufwertung der Stadt Füssen als Lebensraum mehr als aufgewogen.“

Als Geltungsbereich wurde festgelegt:

Diskussionsverlauf

Babsi Henle fragt was mit den derzeitigen Mietern passiere, wenn die angebauten Teile an die Hallen entfernt werden. Darin wurden ja auch Teile vermietet. Das Parkhaus gehe mit Sicherheit über das Niveau der B 17 hinaus. Der Blick müsse in Ihren Augen unbedingt erhalten bleiben, ebenso wie der Industriecharakter. Weiter stelle sich für sie die Frage, warum der Aufwand für einen barrierefreien Weg zu groß sei. 

Herr Dehm vom Planungsbüro OPLA sichert zu, dass es das Anliegen des Eigentümers ist, die Mietverträge zu sichern und letztlich sogar neue zu generieren. Das Parkhaus sollte das Niveau der Fahrbahndecke der B 17 nicht überschreiten. Der Aufwand für einen barrierefreien Weg ist in der dort vorhandenen, schwierigen und naturschutzfachlich hochwertigen Topografie begründet.

Erich Nieberle ist es ähnlich wie Frau Henle wichtig, eine Konzeption zu entwickeln, bei der die bestehenden Betriebe erhalten bleiben.

Nikolaus Schulte spricht den Verkehr an. Er wollte wissen, mit welcher Frequenz letztlich mal zu rechnen sei bzw. ob es hierfür schon Zahlen bzw. Untersuchungen gäbe und wie denn letztlich die Besucher in den Magnuspark gelangen werden. Schließlich fehle ihm das Wohnen.

Herr Dehm zeigt in welchem Bereich Wohnungen vorgesehen sind. Die Verkehrsfrequenz könne er noch nicht prognostizieren. Dafür müsse erst die Konzeption innerhalb des Areals mit den verschiedenen Nutzungen konkretisiert werden. Aktuell habe er nur versucht, anhand der Stellplatzregelungen diesen Bedarf zu ermitteln (ca. 400 Stellplätze).

Simon Hartung wirft ein, dass es nach dem Beherbergungskonzept nicht vorgesehen sei, dass eine Bettenmehrung geschaffen werden. Insofern betrachte er das Nutzungskonzept / den Masterplan mit der Hotelnutzung zumindest problematisch.

Bürgermeister Maximilian Eichstetter sprach von einem „relativ guten Ergebnis.“ Man leite nun ein Bebauungsplanverfahren ein. Dann, so der Bürgermeister weiter, werden wir sehen, wo die Reise hingeht. Schließlich gelte es, 30.000 Quadratmeter neu zu entwickeln. Realistisch gab sich der Rathaus-Chef aber von vorneherein, was das Thema bezahlbarer Wohnraum angeht. Wir reden hier von einem Quadratmeterpreis im hohen fünfstelligen Bereich – anders ist eine solche Investition auch nicht zu refinanzieren, sagte Maximilian Eichstetter.

Jürgen Doser warf in der Debatte nochmals einen Blick zurück auf die wechselvolle Geschichte der Hanfwerke, wo zeitweise bis zu 1500 Mitarbeiter beschäftigt waren: Dass die Stadt das Gelände verkauft habe, sei ein schwerer Fehler gewesen. „ach 15 Jahren und vielen Fantastereien liegt jetzt aber zum ersten Mal was Bodenständiges auf dem Tisch, sagte Jürgen Doser über die Pläne. Ihm war wichtig, den bisherigen Mix aus Kleingewerbe und Kunst, also den Flair des Magnusparks, zu erhalten. 

Ilona Deckwerth bezweifelt, dass sich die Fülle an Indoorfreizeit mit den vorhandenen Gewerben verträgt. Außerdem seien zwei Verstöße gegen das Naturschutzrecht begangen worden, nämlich die Zuschüttung des Mühlbaches und das Fällen von Bäumen. Das Naturschutzrecht müsse unbedingt ernst genommen werden.

Wolfgang Bader wünscht sich ein Modell im Hinblick auf das Parkhaus und die Sichtachsen. Er brauch kein weiteres Hotel. Er verweist auf die früheren Planungen. Der jetzige Plan sei eher ein Freizeitpark aber kein Viertel, dass der Stadtrat wollen.

Ein Modell sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht finanzierbar.

Christine Fröhliche erklärt, dass die Belegung der Gebäude jetzt schön höher sei als im Plan eingezeichnet. Ebenso sieht sie die Stellplätze als Nachweis für die Gastronomie und die Gewerbetreibenden. Außerdem schlägt sie vor, einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan machen und keinen qualifizierten. 

Bürgermeister Maximilian Eichstetter und Armin Angeringer erläutern, warum bei dieser Komplexität der Planung, den notwendigen Beteiligungen der Fachstellen und des Zeithorizonts hier sei ein vorhabenbezogener Bebauungsplan nicht möglich bzw. nicht sinnvoll sei. Dieser würde schon konkrete, fast baureife Planungen erfordern, die im aktuellen Stadium auch wegen der Belange der anderen Behörden nicht möglich seien und die sich ständig fortentwickeln und ändern werden. Stattdessen wird es einen städtebaulichen Vertrag mit Realisierungsverpflichtung und mit einem Ausstiegsszenario geben, wenn die Planungen bzw. Maßnahmen nicht realisiert werden sollten.

Andreas Eggensberger möchte hier ein Gebiet für Einheimische machen. Auch er sieht die Hotelnutzung problematisch. Ein solches, so Andres Eggensberger weiter, sei den Bürgerinnen und Bürgern nicht mehr zuzumuten. Auch er verwies auf die Grundsatzentscheidung von Füssen Tourismus und Marketing (FTM), keine neuen Betten mehr zu schaffen.

Dr. Christoph Böhm berichtet, dass lt. Auskunft des Landratsamtes keine Genehmigung zum Verfüllen des Mühlbaches vorliege. Er verweist auf eine Idee von Herrn Nagel, der sich hier ein Klein-Venedig vorstellen könnte. Er könne der Planung so nicht zustimmen, das Parkhaus gehe sicher ein Stockwerk über die B 17 hinaus. Die Planer verwiesen darauf, eine solche Visualisierung im weiteren Verfahren nachzureichen; beauftragt sei eine solche schon, könne aber jetzt in diesem Stadium noch nicht erstellt werden. Spätestens zur Bürgerbeteiligung sei eine solche aber vorgesehen.




Der vorgestellte Masterplan für die Entwicklung des Hanfwerkeareals wird zur Kenntnis genommen und gebilligt.

Der Stadtrat beschließt, für das im vorgelegten Plan dargestellte Gebiet einen qualifizierten, jedoch keinen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufzustellen. Ziel der Planung ist, das im vorgelegten Masterplan dargestellte Konzept festzusetzen. Die Stellungnahme von Füssen Tourismus und Marketing vom 20.05.2023 ist inhaltlich bei der weiteren Planung zu berücksichtigen.

Projektbezogene Kosten sind vom Vorhabenträger auf der Grundlage eines abzuschließenden städtebaulichen Vertrages zu übernehmen.

(Abstimmungsergebnis 16 : 5)

Beschluss 1

Abstimmungsergebnis
Dafür: 6, Dagegen: 15

Abstimmungsbemerkung
Der Antrag ist somit abgelehnt.

Beschluss 2

Der Stadtrat beschließt, für das im vorgelegten Plan dargestellte Gebiet einen qualifizierten Bebauungsplan aufzustellen. Ziel der Planung ist, das im vorgelegten Masterplan dargestellte Konzept festzusetzen. Die Stellungnahme von Füssen Tourismus und Marketing vom 20.05.2023 ist inhaltlich bei der weiteren Planung zu berücksichtigen.

Projektbezogene Kosten sind vom Vorhabenträger auf der Grundlage eines abzuschließenden städtebaulichen Vertrages zu übernehmen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 16, Dagegen: 5

Dokumente
VA2023-05-11_Masterplan_22047_MG (.pdf)

Datenstand vom 17.11.2023 09:03 Uhr