Revitalisierung des Hanfwerke-Areals; Vorstellung und Billigung des Bebauungsplanvorentwurfs; Durchführung der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit, der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Stadtrates, 26.09.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat Sitzung des Stadtrates 26.09.2023 ö beschliessend 2.1

Sachverhalt

In der Sitzung am 19. Oktober 2021 hat der Stadtrat das Sanierungsgebiet für das Hanfwerkeareal in Füssen beschlossen. In der Sitzung am 23.05.2023 wurde der Masterplan für das Areal vorgestellt und erörtert, sowie die Aufstellung eines qualifizierten, jedoch keines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes beschlossen. Der Bebauungsplan erhält entsprechend einer schon früher getroffenen Festlegung die Bezeichnung S 55 – Mühlbachgasse. Aus Sicht der Planer ist von einem Verfahren nach § 13 a BauGB auszugehen (Bebauungsplan der Innenentwicklung im vereinfachten und beschleunigten Verfahren ohne Umweltprüfung und Umweltbericht etc.).

Der Masterplan beinhaltete folgende Nutzungen:

  • Gewerbe
  • Dienstleistung
  • Wohnen
  • Hotel und Gastro
  • Indoor Sport / Freizeit mit Gastronomie
  • Mobilitätshub (Parkhaus)

Das Areal soll eine verbesserte Ein-/Ausfahrt von/zur B 17 (Tiroler Straße) erhalten.

Vorabstimmungstermine u. a. mit dem Landratsamt Ostallgäu, Vertretern des Denkmalschutzes, des Staatlichen Bauamtes (Bereich Straßenbau) haben stattgefunden. 

Folgende Stellungnahme von Füssen Tourismus und Marketing wurde zur Berücksichtigung bei der weiteren Planung beschlossen:

„Der Magnus Park befindet sich in einer altstadtnahen, panoramareichen Vorzugslage. Die aktuell vorliegende Version des Masterplans enthält […] für eine touristische Betrachtung relevante Bausteine. 

Zu diesen Bausteinen liegen (…) aktuell nur grobe offizielle Informationen vor. Positiv ausgelegt, besteht reichlich Spielraum, die unternehmerischen Ziele des Eigentümers und diejenigen der Stadt Füssen zu synchronisieren und Synergien sicherzustellen. Aus touristischer Sicht und in Übereinstimmung mit den sich aus der Marke Allgäu, deren Werte sich auch die Stadt Füssen verpflichtet hat, ergebenden Anforderungen ist ein Augenmerk zu richten auf:

- Qualität
- Nachhaltigkeit
- Regionalität/regionale Vernetzung und Wertschöpfung
- verkehrsentlastende Mobilität —> Parkraum als Auffangraum und ÖPNV
- Besuchermanagement —> Entzerrung
- Vorrang der Stärkung der bestehenden Gewerke vor neuen Gewerken
- Berücksichtigung der Belange des Denkmalschutzes und des Naturschutzes (—> diesbezüglich 
  wurden sehr konstruktive Gespräche geführt und Einigungen erreicht)

Diese Anforderungen bedeuten für die einzelnen Bausteine:

HOTEL:
Die touristischen Gremien von FTM haben sich sehr klar positioniert, dass kein grundsätzliches Interesse an einer Bettenmehrung besteht, allenfalls bestehenden Betrieben auch quantitative Entwicklungsmöglichkeiten gegeben werden, wenn dies zu einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit nötig ist. Neue Kapazitäten sollen nur dann gefördert werden, wenn sie helfen, eine Nische zu schließen (Barrierefreiheit, Familienhotel), wenn sie systemrelevante Betriebe stützen (Bundesstützpunkt, Festspielhaus) oder Leuchtturmcharakter haben können (analog Sonnenalp in Ofterschwang). Dieser Orientierungsrahmen sollte von den zukünftigen Eigentümern/Betreibern beachtet werden.

GASTRONOMIE:
Was die Gastronomie betrifft, gibt es keine dem Hotelsektor vergleichbare Orientierung. Aus der Nachfrage von Gästen und Einheimischen ergibt sich ein Bedarf an einer regionalen Kulinarik, durchaus kreativ, unter Nutzung (nachweislich) regionaler Produkte (im Gegensatz zu Convenience), einem nachvollziehbaren Preis-Leistungsverhältnis (nicht gleichzusetzen mit „billig“, Sterne-Küche an dieser Stelle nicht nötig) und mehr als nur einem Mindestangebot für Vegetarier:innen und Veganer:innen. Ehemalige Industriegebäude bieten herausragende Chancen für eine nicht austauschbare Atmosphäre. Ein eigenes Craft Bier könnte das Angebot einzigartig machen.

INDOOR-FREIZEITERLEBNIS:
Angesichts ganzjährig auftretender Niederschlagszeiten im Allgäu ist die Nachfrage nach Indoor-Erlebnissen groß. Vor allem für Kinder und Jugendliche bzw. Familien wäre dieser Bereich ausbaufähig und könnte den Bedarf abdecken, wie er sich auch in den Nachbargemeinden zeigt. Vergleichbares Angebot outdoor mit starker über die Stadt hinausgehender Ausstrahlung: der Skate- und Bikepark. Zu prüfen ist, inwiefern diese Einrichtung für sich alleine funktionieren oder ob sie mit der Zielgruppe des Hotels in Deckung gebracht werden soll. Bestehende Angebote sollten nicht kannibalisiert werden.

MOBILITÄT:
Der Magnus Park hat den Vorzug einer Randlage in Fußweite zur Altstadt. Diesbezüglich ist er noch besser gelegen als der Parkplatz am Festspielhaus und am Volksfestplatz. Er kann als Auffangparkplatz (für den aus dem Osten kommenden Verkehr) funktionieren, ohne einen zusätzlichen öffentlichen Shuttle in die Altstadt zu erfordern. Sollte dem Magnus Park die Funktion solch eines Hubs zugewiesen werden, werden indes große Parkplatzkapazitäten nötig, da auch dem Bedarf aus dem Hotel heraus Rechnung zu tragen ist. (Solch eine Entwicklung entledigt Füssen nicht der Notwendigkeit der Entwicklung weiterer Hubs im Norden und Westen).

Der Magnus Park auf dem Areal der ehemaligen Hanf-/Textilwerke profitiert von einer altstadtnahen (fußläufigen), panoramareichen (Lech, Stadtansicht) und an den ÖPNV angebundenen Vorzugslage. Seine Entwicklung schließt die Kette für zwei erlebnisorientierte Achsen:

1. LECH:
Naturräumlich gesehen, ist der Lech vielleicht DER Held Füssens. Zahlreiche Angebote lehnen sich an. Der Magnus Park ist erlebnistechnisch noch unterentwickelt und könnte mit dem skizzierten Angebot sowie Lechterrassen den Lückenschluss sicherstellen:
Walderlebniszentrum - Lechfall – Magnus Park - Lechbrücke - Lechuferweg - Bootshafen - Festspielhaus. Eine derartig hochwertige Abfolge von Attraktionen entlang eines Flusses sucht mindestens im ländlichen Raum ihres Gleichen.

2. ALTSTADT-VORSTADT-RING:
Angesichts des Umstandes, dass sich das Wandererlebnis immer stärker in Richtung Spazieren und Flanieren entwickelt, besteht Bedarf an kurzweiligen Routen einer Dauer um ca. zwei Stunden. Das Areal des Magnus Parks fällt diesbezüglich in puncto Erlebnisqualität noch stark ab. Ähnlich wie bei der Erlebnisachse Lech bedarf es eines Lückenschlusses:
Altstadt - Lechbrücke – Magnus Park - Lechfall - Bad Faulenbach - Baumgarten - Altstadt
Diese Runde schließt die Lücke zwischen einem klassischen Stadtrundgang (Trilogierundgang) und „ausgewachsenen“ Wanderungen (z.B. Lechschleifen).

Auch aus touristischer Sicht wäre die Weiterentwicklung des Magnus Parks ein Meilenstein der Stadtentwicklung - wobei an dieser Stelle die Potenziale aus Wohnbebauung und Gewerbe/Dienstleistung zuständigkeitshalber unberücksichtigt bleiben. Eventuelle Zielkonflikte in Bezug auf zusätzliche Hotelbetten werden durch die enorme Aufwertung der Stadt Füssen als Lebensraum mehr als aufgewogen.“

Der Geltungsbereich wurde gemäß des Vorschlages wie folgt festgelegt:


Auf die weiteren Inhalte des Bebauungsplanvorentwurfs – siehe Ratsinformationssystem - wird Bezug genommen. 

Beschlussvorschlag

Der Stadtrat billigt den vorgestellten Vorentwurf des Bebauungsplanes mit der Maßgabe, dass eine Hotelnutzung auf dem Areal, auch ausnahmsweise, nicht zulässig sein soll und beauftragt die Verwaltung, die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit durch Auslegung der Unterlagen über den Zeitraum eines Monats durchzuführen und gleichzeitig dazu die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange frühzeitig zu beteiligen. 

Sollte die Ansiedlung eines Hotels geplant sein, dass den Anforderungen des Beherbergungskonzeptes entspricht bzw. die dort genannten Nischen abdeckt, ist eine gesonderte Entscheidung des Stadtrates erforderlich (z.B. im Wege einer Befreiung bzw. Änderung des Bebauungsplans).

Diskussionsverlauf

Christine Fröhlich bemängelt, dass bei der Art der baulichen Nutzung eine Bildungseinrichtung, z.B. eine Pflegeschule fehle. Die möchte sie hier explizit drin haben.  Die Volkshochschule sei ja bereits im Magnuspark angesiedelt.

Dr. Martin Metzger führt aus, als vor einigen Jahren die gewerbliche Nutzung begonnen hat, wurde der Mühlbach zugeschüttet. Schade, dass der Mühlbach nicht wieder geöffnet wird, obwohl sehr viele Grünflächen vorgesehen sind. 

Bürgermeister Maximilian Eichstetter antwortet, dass der Mühlbach denkmalwürdig darzustellen ist, d.h. es könnte z.B. ein Stück geöffnet werden unter einer Glasplatte und mit einer Tafel mit Beschreibung.  

Christine Fröhlich fragt nach einer Promenade am Lech entlang, wie diese in einem früheren Plan noch dargestellt war.

Dies sei ein enormer Kostenfaktor, so der Erste Bürgermeister auf diese Anmerkung. Außerdem lehne das Wasserwirtschaftsamt eine Überbauung des Lechs ab. 

Dr. Christoph Böhm bemängelt, dass jetzt der Bebauungsplan beschlossen werde, die Nutzung jedoch nicht. Er lobt die Wiederherstellung der historischen Gebäude sowie die Unterbringung von Kunst und Kleinkunst. Der illegal zugeschüttete Mühlbach sei aber seiner Ansicht nach auch wieder zu öffnen. Das Parkhaus müsse nach Westen verschoben werden. Hierzu verliest er ein Schreiben des Chefs des Bayer. Landesamts für Denkmalpflege, Herrn Dr. Matthias Pfeil. Dieses stehe seiner Ansicht nach teilweise im Widerspruch zu den Vorstellungen des Bebauungsplan-Entwurfs (z.B. denkmalschutzfachliche Würdigung des Mühlbachs, Standort/Situierung des geplanten Parkdecks usw.). 

Das Parkdeck werde nach Bedarf gebaut. Aufgrund der derzeitigen Nutzungen werde von ca. 500 – 600 Stellplätzen ausgegangen. Sollte sich die Mobilität ändern könnte man evtl. auch mit 300 auskommen.

Nikolaus Schulte spricht den Verkehr an. Auf dieser schmalen Straße, insbesondere der Kaminkurve könne dieser Verkehr nicht fließen. Dies umso mehr, wenn mehr bzw. intensivere Nutzungen kommen. Er fragte deshalb nach einem Verkehrsgutachten. Schon jetzt herrsche in der Tiroler bzw. Schwangauer Straße in den touristischen Monaten ein Verkehrschaos. Aufgabe der Bauleitplanung muss doch auch die Konfliktbeseitigung sein.

Dipl.-Ing. Werner Dehm vom beauftragten Stadtplanungsbüro OPLA zeigt eine Zusammenfassung des Einmündungsbereiches. Hier könne auch ein Sattelzug ein- und ausfahren. 

Erich Nieberle könne nicht zustimmen, wenn das Hotel ausgeschlossen werde. Er befürworte z.B. ein Familienhotel. 

Werner Dehm berichtet über ein Gespräch mit dem Tourismusdirektor von FTM AöR, Herrn Stefan Fredlmeier, in dem dieser feststellt, dass Füssen quantitativ zwar gesättigt sei, jedoch dies qualitativ nicht für alle Bereiche gelte. Gerade diese Nischen müsse man ggf. noch schließen (z.B. Barrierefreiheit, Familien oder z.B. auch der Bereich Sport und Medizin). 

Beschluss

Der Stadtrat billigt den vorgestellten Vorentwurf des Bebauungsplanes mit der Maßgabe, dass eine Hotelnutzung auf dem Areal, auch ausnahmsweise, nicht zulässig sein soll und beauftragt die Verwaltung, die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit durch Auslegung der Unterlagen über den Zeitraum eines Monats durchzuführen und gleichzeitig dazu die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange frühzeitig zu beteiligen. 

Sollte die Ansiedlung eines Hotels geplant sein, dass den Anforderungen des Beherbergungskonzeptes entspricht bzw. die dort genannten Nischen abdeckt, ist eine gesonderte Entscheidung des Stadtrates erforderlich (z.B. im Wege einer Befreiung bzw. Änderung des Bebauungsplans).

Abstimmungsergebnis
Dafür: 14, Dagegen: 5

Dokumente
2023-09-26_Präs_StR_BP-Vorentwurf_22047_PG (.pdf)
BebPlan S55_Mühlbachgasse_Begründung_26092023 (.pdf)
BebPlan S55_Mühlbachgasse_Einzelfallprüfung_26092023 (.pdf)
BebPlan S55_Mühlbachgasse_Planzeichnung_26092023 (.pdf)
BebPlan S55_Mühlbachgasse_Textliche Festsetzungen_26092023 (.pdf)

Datenstand vom 17.11.2023 08:47 Uhr