Errichtung eines Einfamilienhauses (Ersatzneubau), Geometerweg 4, Fl.Nr. 1835/1 Gmk. Füssen (Antrag auf Vorbescheid)


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Planungs-, Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschusses, 04.02.2025

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Planungs-, Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschuss Sitzung des Planungs-, Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschusses 04.02.2025 ö beschliessend 4.2.1

Sachverhalt

Unterlagen einschließlich der Pläne zum Bauvorhaben und rechtliche Ausgangslage mit Feststellungen vom 09. und 28.01.2025 siehe für angemeldete Benutzer im Ratsinformationssystem (RIS). 

Über den Ersatzneubau auf dem Grundstück hat der Ausschuss bereits in seiner Sitzung am 02.11.2021 beraten. Das kommunale Einvernehmen zu dem Bauvorbescheidsantrag wurde damals mit 12:1 Stimmen nicht erteilt. 

Zum Antrag lagen folgende entscheidungsrelevante Erkenntnisse zugrunde:

Das Vorhaben liegt im Außenbereich; eine Privilegierung besteht nicht. Als sonstiges Vorhaben ist eine Genehmigungsfähigkeit nur dann gegeben, wenn keine öffentlichen Belange beeinträchtigt werden und die Erschließung gesichert ist. 

Nach § 35 Abs. 4 Nr. 2 des Baugesetzbuches (BauGB) kann der Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter nachfolgenden Voraussetzungen nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind: 

  1. das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, 
  2. das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, 
  3. das vorhandene Gebäude wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und 
  4. Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird.

Zu a) liegt für den Bestand eine Genehmigung zum Umbau aus dem Jahr 1962 vor. Allerdings ist den Akten zu entnehmen, dass der damalige Eigentümer selbst 1961 eingeräumt hat, dass es sich um einen Schwarzbau aus den Nachkriegsjahren aufgrund der Wohnungsnot handelte. 

Zu b) lag bei einer vormaligen Bauvoranfrage die Aussage vor, dass sich das Gebäude nach dem Autobahnbau abgesenkt habe und seitdem nicht mehr bewohnbar sei. Hierzu liegt die Vermutung nahe, dass der Altbau bereits bei der Errichtung keine ausreichende Fundamentierung erhalten hat und das Absenken auch ohne den Autobahnbau erfolgt wäre. Es ist bekannt, dass im Wasenmoos tragfähiger Grund erst in größerer Tiefe ansteht. 

Zu c) teilte das LRA mit, dass das Gebäude nach dortiger Erkenntnislage schon 2011 nicht mehr bewohnt wurde. 2018 wurde es an die Antragstellerin veräußert. Der Antragstellerin wurde 2018 bereits vor dem Kauf mitgeteilt, dass der Bestandsschutz für das Gebäude erloschen ist, nachdem bei einem Vor-Ort-Termin mit dem Verwaltungsgericht am 01.12.2011 festgestellt wurde, dass das Haus nicht mehr bewohnt wird. Es wurde weiter schriftlich darauf hingewiesen, dass ein Ersatzbau nicht genehmigungsfähig ist, weil das Haus vom bisherigen Eigentümer schon seit längerer Zeit nicht mehr bewohnt wurde. Die vorgeschriebene Eigennutzung seit längerer Zeit liegt demzufolge nicht vor, sondern sie wurde bereits vor mindestens 20 Jahren beendet. 

Zu d) liegen keine Tatsachen (!) vor, die die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird. Vorliegend liegt eine neue Eigentümerin vor, die offensichtlich nicht Teil der Familie des Voreigentümers ist. Damit unterliegt sie nicht dem gesetzlich geregelten Schutz, wer zu einem Ersatzbau berechtigt ist. 

Zusammenfassend werden auch die o. g. Voraussetzungen einer Teilprivilegierung nach § 35 Abs. 4 BauGB nicht erfüllt, weshalb das Vorhaben wegen der Beeinträchtigung öffentlicher Belange (Flächennutzungsplan, Verfestigung Splitterbebauung, naturschutzfachliche Belange) nicht genehmigungsfähig ist.

Der Antrag wurde seitens des Landratsamtes Ostallgäu mit Bescheid vom 26.04.2022 abgelehnt. 

Der Begründung lag zusätzlich zugrunde, dass es sich nicht um ein gleichartiges Gebäude handle (Geschoßigkeit und Volumen).

Gegen die Ablehnung wurde Klage vor dem Verwaltungsgericht Augsburg erhoben, jedoch ohne Erfolg. 

Im Anschluss wurde der Petitionsausschuss des Landtages eingeschaltet, der 2024 eine Besichtigung vor Ort vornahm. Als Ergebnis wurde der Beschluss gefasst: 

Die Eingabe wird der Staatsregierung zur Berücksichtigung überwiesen. Der Petentin sind die Stellungnahme der Staatsregierung und ein Protokollauszug zu übersenden

Der Antragstellerin gegenüber wurde klargestellt, dass dies eine Empfehlung ist, die aber die eigenständige Entscheidung der Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr nicht ersetzen kann und trotzdem ein abweichendes Ergebnis möglich ist, über das ggf. erneut im Petitionsausschuss zu beraten ist. 

Insofern liegt auch keine abschließende Bindungswirkung gegenüber der Stadt Füssen vor. 

Der infolge der Empfehlung neu eingereichte Bauvorbescheidsantrag erfüllt nun in wohl ausreichendem Umfang die nach BauGB geforderte Gleichartigkeit eines Ersatzbaus. Allerdings stellt dies nur eine von mehreren bauplanungsrechtlich zwingenden Voraussetzungen dar. Der neue Antrag ändert nichts daran, dass die übrigen Voraussetzungen weiterhin nicht erfüllt werden. Hinsichtlich der oben unter a – d genannten Voraussetzungen liegen keine anderen Erkenntnisse vor und solange oder soweit dies nicht eingehalten wird ist das Vorhaben weiterhin bauplanungsrechtlich nicht zulässig. 

Die Beibehaltung des gleichen Standorts des Ersatzbaus führt zudem dazu, dass er die gesetzlichen Abstandsflächen wie der Bestandsbau nicht einhält. Mit einem Ersatzbau sind die aktuellen gesetzlichen Anforderungen einzuhalten. Zu den Fragen, die im Rahmen des Vorbescheidsantrages zu klären sein sollen, gehört hier ausdrücklich auch die Nichteinhaltung der Abstandsflächen. Dies zählt nicht zu den bauplanungsrechtlichen Fragen im Zuständigkeitsbereich der Stadt Füssen. Wenn aber die auf dem südlichen Nachbargrundstück betroffenen Nachbarn der Abweichung nicht zustimmen und die Abstandsfläche übernehmen wird eine Baugenehmigung allein aus diesem Grund nicht möglich sein. 

2024 erfolgte eine Baueinstellung durch das Landratsamt Ostallgäu, nachdem das Gartenhaus auf dem Areal ohne die dafür notwendige Genehmigung zu einer Wohnung ausgebaut wurde. 
Abbruchanordnung des hinteren Gebäudes wurde bereits erteilt. Nur der Vollzug des Landratsamtes Ostallgäu fehlt! 

Der Abriss der nicht genehmigten Bauwerke und der Rückbau des Schwarzbaus sind zur Wahrung der baurechtlichen Ordnung erforderlich. Der Ersatzneubau des genehmigten Gebäudes gewährleistet eine städtebauliche und funktionale Verbesserung des Standorts.

Beschlussvorschlag

Der Planungs-, Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschuss…
1. … fordert das Landratsamt Ostallgäu auf, die bereits erteilte Abrissanordnung des nicht genehmigten Gebäudes im hinteren Bereich des Grundstücks zu vollziehen.  

2. … fordert das Landratsamt Ostallgäu auf, den im Winter 2024 eingestellten neuen Schwarzbau per Abrissanordnung rückbauen zu lassen. (Gartenhütte)   

3. …erklärt erteilt sein kommunales Einvernehmen zum Ersatzneubau des genehmigten Gebäudes im vorderen Bereich gemäß den eingereichten Bauunterlagen.

Diskussionsverlauf

Dr. Christoph Böhm schildert, am 02.11.2021 ist das Vorhaben im Ausschuss behandelt worden, dabei wurde plädiert, den Schwarzbau nicht zu genehmigen. Der Bestandschutz sei erloschen, da das Gebäude seit 20 Jahren nicht mehr bewohnt war. Weiter zeigt Dr. Christoph Böhm auf, dass kein Unterschied besteht, was dafür spricht.

Vorsitzender Maximilian Eichstetter führt die Unterschiede u.a. die der Kubatur in den Antragsphasen sowie die damals nicht geklärte Bewohnbarkeit auf und betont, zum damaligen Zeitpunkt konnte dem Vorhaben nicht zugestimmt werden.

Beschluss

Der Planungs-, Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschuss…
1. … fordert das Landratsamt Ostallgäu auf, die bereits erteilte Abrissanordnung des nicht genehmigten Gebäudes im hinteren Bereich des Grundstücks zu vollziehen.  

2. … fordert das Landratsamt Ostallgäu auf, den im Winter 2024 eingestellten neuen Schwarzbau per Abrissanordnung rückbauen zu lassen. (Gartenhütte)   

3. …erklärt erteilt sein kommunales Einvernehmen zum Ersatzneubau des genehmigten Gebäudes im vorderen Bereich gemäß den eingereichten Bauunterlagen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 11, Dagegen: 2

Dokumente
000_Geschichte des Wasenmooses (.pdf)
2021-11-02 PBUV Beschluss TOP 3.2.3 Ersatzneubau Einfamilienhaus, Antrag Bauvorbescheid (.pdf)

Datenstand vom 14.03.2025 08:57 Uhr