Grundsteuerreform; Beschlussfassung über den Hebesatz ab 01.01.2025


Daten angezeigt aus Sitzung:  75. Sitzung des Stadtrates Heilsbronn, 23.10.2024

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat Heilsbronn 75. Sitzung des Stadtrates Heilsbronn 23.10.2024 ö 4

Sachverhalt/Begründung/Rechtslage:

Allgemeines zur Grundsteuerreform
Als Ausdruck der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie nach dem Grundgesetz (Artikel 28 Absatz 2) besitzen die Gemeinden das verfassungsrechtlich in Artikel 106 Absatz 6 Satz 2 GG verankerte Recht, die Hebesätze der Grundsteuer im Rahmen der Gesetze autonom festzusetzen. Das heißt, die Gemeinden bestimmen, mit welchem Hundertsatz des Steuermessbetrags (Hebesatz) die Grundsteuer zu erheben ist und letztlich somit auch die absolute Höhe der Grundsteuer.
Ziel der Reform der Grundsteuer war nicht die Veränderung des Grundsteueraufkommens. Vielmehr erklärte das Bundesverfassungsgericht am 10.04.2018 die Berechnungsgrundlage des derzeit gültigen Systems der Grundsteuer auf Grundlage der sogenannten Einheitswerte für verfassungswidrig. In der Folge beschloss der Bundestag ein neues Bundesmodell für die Grundsteuer und versah dies mit einer Öffnungsklausel, die den Ländern wiederum die Einführung eines abweichenden Systems ermöglichte. Hiervon machte der Bayerische Landtag Gebrauch und erließ das Bayerische Grundsteuergesetz (BayGrStG; hiergegen sind aktuell zwei Popularklagen vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof anhängig [AZ: Vf. 8-VII-22 und Vf. 17-VII-22]). Mit diesem Gesetz wird für Grundstücke in Bayern anstelle der Einheitsbewertung ein wertunabhängiges Flächenmodell umgesetzt.
Örtliche Situation
In den vergangenen Wochen und Monaten haben die meisten Bürgerinnen und Bürger für ihre Grundstücke aufgrund der abgegebenen Grundsteuererklärungen vom Finanzamt Ansbach neue Bescheide über die Grundsteueräquivalenzbeträge bzw. Grundsteuermessbeträge erhalten.
Aktuell wurden ca. 5.100 Datensätze (= ca. 90 %) durch die Finanzverwaltung an uns übermittelt. Die Überprüfung und der Vergleich dieser Datensätze haben teilweise erhebliche Abweichungen beim Grundvermögen zwischen altem und neuem Recht ergeben. Diese Abweichungen sind teils dem geänderten Recht, teils falsch ausgefüllten Erklärungen geschuldet. Während nach altem Recht das Grundvermögen überwiegend auf Basis des fortgeschriebenen Mietwerts zum Stichtag 01.01.1964 besteuert wurde, hat sich das Besteuerungssystem nun hin zu einem Flächenmodell entwickelt.
Ein Beispiel aus einem Heilsbronner Stadtteil zeigt, dass ein „normales“ Einfamilienhaus im Ortskern nach altem Recht mit einem Messbetrag von 32,97 Euro bewertet wurde, während der Messbetrag nach neuem Recht auf 51,55 Euro gestiegen ist. Diese Umstellungen führen dazu, dass die Stadt aktuell mit einem mehr an Messbetragsvolumen rechnen kann. Es liegen jedoch noch nicht alle Messbeträge vor, sodass noch einige Objekte (ca. 10 %) in die Berechnung mit einfließen müssen. Zudem sind nur sehr wenige Änderungen ab dem Erhebungsdatum 01.01.2022, wie Neubauten und Umbauten, in den aktuellen Zahlen berücksichtigt worden.
Es wurden durch die Steuerabteilung zahlreiche Überprüfungen der Datensätze durchgeführt. Diese haben gezeigt, dass viele Erklärungen fehlerhaft sind und im Nachhinein durch die Finanzverwaltung korrigiert werden müssen. Die Stadt ist an die Grundlagenbescheide gebunden, und Änderungen können nur beim Finanzamt beantragt werden. Aufgrund der großen Anzahl der durch das Finanzamt zu überprüfenden Objekte ist jedoch davon auszugehen, dass diese Änderungen nicht rechtzeitig vor Bekanntgabe und Fälligkeit der neuen Grundsteuerbescheide umgesetzt werden. Durch die Verwaltung wurden ca. 210 Fälle herausgefiltert, bei denen auffällige Fehler vorliegen. In diesen Fällen wurde das Finanzamt vorsorglich darauf aufmerksam gemacht.
Auf Grundlage dieser Bescheide und der neu festzulegenden Hebesätze für die Grundsteuer A und B werden zum 01. Januar 2025 die Grundsteuerbescheide für die zu veranlagenden Grundstücke erstellt.
Es ist zu erwarten, dass nach dem Versand der endgültigen Grundsteuerbescheide zahlreiche Änderungsanträge eingehen werden. Diese Änderungen könnten die aktuellen Zahlen nochmals stark beeinflussen, weshalb eine sichere und präzise Berechnung des Hebesatzes derzeit nur schwer und ungenau möglich ist und dies auch durch ein weiteres Abwarten bis zu Jahresende nicht besser werden wird. 
Nach steuerlichen Grundsätzen ergibt sich die Grenze für die Festsetzung der Hebesätze aus dem Gebot, die Steuerpflichtigen nicht übermäßig zu belasten und ihre Vermögensverhältnisse nicht grundlegend zu beeinträchtigen. Den Gemeinden werden bei einer Erhöhung der Hebesätze insoweit also verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt. Dies hat die Stadt Heilsbronn durch die Anpassung der Grundsteuerhebesätze zur Haushaltskonsolidierung mit Anhebung der Hebesätze für die Grundsteuer A (+ 50 %-Punkte) sowie für die Grundsteuer B (+ 30 %-Punkte) ab 01.01.2024 beachtet.
Aufkommensneutralität
Seit dem Haushalt 2023 wurde die finanzielle Situation der Stadt Heilsbronn von der Staatlichen Rechnungsprüfungsstelle des Landratsamtes Ansbach als angespannt bewertet. Deshalb müssen – neben der Unterlassung aller Ausgaben, die nicht durch dringende öffentliche Zwecke gerechtfertigt sind - alle Einnahmemöglichkeiten ausgeschöpft werden. Anderenfalls könnte es sein, dass zukünftig geplante wichtige Investitionsmaßnahmen zeitlich gestreckt bzw. nicht mehr durchführbar sind, da nicht mehr finanzierbar.
Zwar haben kurzfristige Effekte bei der Gewerbesteuer zu einer unerwarteten Entlastung in 2021 bis 2023 geführt, jedoch ist dieser Effekt bereits in diesem Jahr stark rückläufig.
Die Reform der Grundsteuer soll laut Bundes- und Landespolitik möglichst aufkommensneutral erfolgen. Der Begriff der Aufkommensneutralität wird oft missverstanden. Aufkommensneutralität bedeutet nicht, dass die individuelle Grundsteuer des jeweiligen Grundstückseigentümers gleich hoch bleibt. Aufgrund der Verfassungswidrigkeit des alten Grundsteuersystems muss es sogar zu individuellen Verschiebungen durch die Reform kommen. Aufkommensneutralität bedeutet nur, dass die Gemeinde nach Umsetzung der Reform ihr Grundsteueraufkommen insgesamt stabil halten kann – also im Jahr 2025 ähnlich viel an Aufkommen aus der Grundsteuer hat wie in den Jahren vor der Reform. Es gibt allerdings keine gesetzliche Pflicht zur Aufkommensneutralität! Es kann jedoch vor Ort notwendig sein, unter anderen Gesichtspunkten (also unabhängig von der Reform) die Grundsteuereinnahmen insgesamt angemessen im Jahr 2025 anzuheben. Schließlich sind die Gemeinden gesetzlich verpflichtet, ihre Haushalte auszugleichen. Reichen die Finanzmittel zur Erfüllung der aktuell anstehenden Aufgaben nicht aus, müssen auch angemessene Steuererhöhungen diskutiert und bei Bedarf auch Mehrreinnahmen aus der Grundsteuer durch höhere Hebesätze generiert werden.
Solange eine evtl. Senkung der Hebesätze nicht zu einer Minderung des Grundsteueraufkommens führt, hat auch die Rechtsaufsicht dazu keine Einwände.
Zu bedenken ist, dass die durch die Grundsteuer erzielten Einnahmen ausschließlich den Städten und Gemeinden zufließen. Derzeit sind es über 15 Mrd. Euro jährlich. Damit zählt die Grundsteuer zu den wichtigsten Einnahmequellen der Gemeinden, um die Infrastruktur vor Ort, d. h. für den einzelnen Bürger, aufrecht zu erhalten bzw. zu verbessern.
Hebesatzfestsetzung der Stadt Heilsbronn ab 01.01.2025
Die Verwaltung möchte nochmals darauf hinweisen, dass die übermittelten Messbeträge zum aktuellen Stand noch unvollständig bzw. teilweise mit Fehlern behaftet sind und vom Finanzamt Ansbach noch nachträglich berichtigt werden müssen, s. o. unter Sachverhaltsdarstellung. Das geschätzte Aufkommen 2025 besteht daher aus dem Messbetrag zum Stand 14.10.24. Zudem hat die Finanzverwaltung einen fiktiven Ansatz fehlender Messbetragsbescheide (ca. 10 %), s.o., eingerechnet.
Aus den vorgenannten Gründen erscheint es deshalb aus Sicht der Finanzverwaltung zur Bemessung der neuen Hebesätze als sinnvoll, zumindest eine geringe Aufkommenserhöhung einzurechnen.
Aus der zunehmenden Praxis anderer Gemeinden, einen einheitlichen Hebesatz festzusetzen und wegen des Umstandes, dass der Hebesatz der Grundsteuer A (Landwirtschaft) erstmalig höher ausfiele wie der der Grundsteuer B, als auch wegen der Tatsache, dass nun sämtliche Wohnhäuser aus landwirtschaftlichen Anwesen aus der Grundsteuer A herausgenommen werden, und somit auch der Anteil der Grundsteuer A am Gesamtaufkommen sinkt, schlägt die Verwaltung vor, einen einheitlichen Hebesatz für die Grundsteuer A und B festzusetzen.
Es ist auch zu berücksichtigen, dass eine zu starke Absenkung des Hebesatzes bei evtl. größeren Korrekturen durch das Finanzamt das Risiko bergen würde, dass das Grundsteueraufkommen sinkt und somit der Hebesatz wieder angehoben werden müsste, was unbedingt vermieden werden sollte. 
Die Verwaltung empfiehlt deshalb den Hebesatz für die Grundsteuer A und Grundsteuer B auf einheitlich
320 v. H. 
festzusetzen.
Alternativ wird in Beschlussvorschlag 1a vorgelegt mit dem die Hebesätze so belassen werden, wie sie sind, was eine stärkere Belastung der Grundsteuerpflichtigen, aber auch dauerhaft nennenswerte und dringend benötigte Mehreinnahmen bedeuten würde. Die Hebesätze würden in diesem Fall lauten:
Grundsteuer A bei 400 v. H.
Grundsteuer B bei 420 v. H.

Rechnet man die vom Finanzamt Ansbach bisher mitgeteilten Messbeträge zum Stand 14.10.24 sowie einen fiktiven Ansatz der noch ausstehenden Messbetragsbescheide hoch, ergeben sich für diese beiden Vorschläge folgende Schätzungen:
Grundsteuer A
Grundsteuer B
Ergänzend wird noch auf Folgendes hingewiesen:
Nach Vorlage weiterer Datensätze und möglicher Korrekturen ist eine weitere Anpassung in den nächsten Jahren jederzeit möglich.
Auskünfte über die Höhe und Berechnung des Messbetrages kann die Stadt Heilsbronn nicht geben.
Ein entsprechender Entwurf der 1. Änderungssatzung über die Hebesätze liegt als Anlage bei (einheitliche Hebesätze von jeweils 320 v. H.).

Beschluss 1

Die Hebesätze werden ab dem 01.01.2025 wie folgt festgesetzt:
  1. Grundsteuer A auf 320 v. H.
  2. Grundsteuer B auf 320 v. H.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 19, Dagegen: 0

Beschluss 2

Der 1. Änderungssatzung zur Hebesatz-Satzung vom 18.04.2024 wird entsprechend dem beiliegenden Entwurf zugestimmt. Die Satzung tritt am 01.01.2025 in Kraft.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 19, Dagegen: 0

Datenstand vom 16.12.2024 10:33 Uhr