Bebauungsplan Nr. 129 " „Alte Stadtgärtnerei": Aufstellungsbeschluss, Billigung des Vorentwurfs und frühzeitige Beteiligung


Daten angezeigt aus Sitzung:  10. Sitzung des Stadtrates, 25.10.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat (Stadt Lindau) 10. Sitzung des Stadtrates 25.10.2023 ö beschließend 9

Sachverhalt

  1. Ausgangslage/ Wettbewerbsergebnis 

Mit der Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 129 beabsichtigt die Stadt Lindau, die städtebauliche Entwicklung unter Berücksichtigung einer kontrollierten Nachverdichtung im Zentrum des Stadtteils Aeschach zu steuern. Das Plangebiet umfasst das ehemalige Gelände der Stadtgärtnerei, das zum einen durch vielfältige Pflanz- und Baumstrukturen geprägt wird und zum anderen einen denkmalgeschützten Gebäudebestand aufweist. Aufgrund der besonderen Lage sowie des besonderen Gebietscharakters, erfolgte im Jahr 2019 durch die GWG Lindauer Wohnungsgesellschaft mbH (GWG Lindau) die Auslobung eines städtebaulichen Realisierungswettbewerbs. Ziel des Wettbewerbs war, ein städtebauliches Konzept zu erstellen, das als Schwerpunktthemen die Schaffung von Wohnraum in Form von Mehrfamilienhäusern für den einkommensorientierten geförderten Wohnungsbau (EOF) und Reihenhäuser zur freien Vermarktung sowie die Bereitstellung von Flächen für Kinderbetreuung beinhaltete. Besondere Berücksichtigung sollte zudem die Beziehung zur westlich angrenzenden Parkfläche finden, die aufgewertet und auch für die Öffentlichkeit nutzbar gemacht werden sollte. Auch die fußläufige Vernetzung sowie das Radwegenetz der Stadt Lindau sollten hier besonders berücksichtigt werden.

Im Bau- und Umweltausschuss vom 14.04.2021 wurde das Ergebnis des Wettbewerbs für ein städtebauliches Konzept für das Areal der ehemaligen Stadtgärtnerei in öffentlicher Sitzung vorgestellt.

Der Entwurf strukturiert sich in vier Teilbereiche. Um das Zentrum gruppieren sich drei polygonale Baukörper in Geschossbauweise um einen zentralen Quartiersplatz, im Norden befinden sich versetzte Reihenhauszeilen, im Südosten die denkmalgeschützten Gebäude als Rahmen. Diese werden mit Blickbeziehungen untereinander verbunden, der östlich gelegene Baukörper vermittelt hier­bei zwischen den Raumbezügen des Palmen- und Stadtgärtnerhauses. Der Kindergarten wird als Solitär dem Park und Grünbereich zugeordnet, er erhält ein Dachgeschoss mit Wohnungen insbesondere für Erzieherinnen und Erzieher. 
Die Geschosswohnbebauung ist gegliedert in ein viergeschossiges Gebäude zuzüglich eines Staffel­ge­schosses als städtebauliches Pendant zur Villa Engel und zwei dreigeschossigen Baukörpern mit Staffelge­schoss im Nahbereich der Orangerie. Die Traufkanten reagieren hiermit auf die umge­bende Be­bau­ung.

Im nördlichen Planungsgebiet sind je vier Reihenhäuser in zwei kompakten Zeilen zusammen­ge­fasst. Mit einer schmalen vorgelagerten Vorgartenzone und einem privaten Freibereich nach Westen binden sich die beiden Zeilen in das Grünraumgefüge ein. Die Reihenhäuser sind als zwei­­geschossige Baukörper mit ausgebautem Dachgeschoss konzipiert und bilden den Übergang zur Wohn­­be­bauung des Schweizerhofwegs. 

Ab dem Vorplatz der Villa Engel entwickelt sich das Quartier autofrei und fußgängerfreundlich. Ein öffentlicher Kinderspielplatz ist im Südwesten im Bereich der ergänzenden Fuß- und Radwegverbindung zur Anheggerstraße vorgesehen. 

Die Nutzungen sind funktional klar abgegrenzt. Geförderter Wohnungsbau im Zentrum und Eigentumsgebäude im Norden. Die denkmalgeschützten Gebäude können ohne Beeinträchtigung gemischt als Büro- und Wohnflächen genutzt werden. Das denkmalgeschützte Palmenhaus soll den Mietern der Geschosswohnungsbauten als Gemeinschaftsfläche dienen. 

Durch die kompakte Bebauung wird der bestehende Park weitgehend erhalten. Der im Frei­raum­konzept definierte Landschaftsfinger wird von Norden nach Süden großzügig weitergeführt. 

In der Stadtratssitzung vom 29.03.2023 wurde zuletzt der städtebauliche Vertrag zum Bebauungsplan Nr. 129 „Alte Stadtgärtnerei“ vorgestellt, welcher die Umsetzung des Vorhabens sowie dessen Erschließung und soziale Infrastruktur regelt. 

Gegenstand dieser Beschlussvorlage ist die Einleitung des Bauleitverfahrens zum BP Nr. 129 „Alte Stadtgärtnerei“ mit 6. Änderung des Bebauungsplans Nr. 24 und 2. Änderung des Bebauungsplans Nr. 66 mittels Aufstellungsbeschluss, Billigung des Vorentwurfs und Beschluss zur frühzeitigen Beteiligung.

  1. Lage im Stadtgebiet

Der räumliche Geltungsbereich des Bebauungsplans befindet sich zentrumsnah im Stadtteil Aeschach und ergibt sich im Detail aus der Planzeichnung. Er umfasst eine Fläche von 31.406 m² (3,1 ha) und beinhaltet vollständig die Flurnummern 156, 156/1, 157, 158, 161/2, 206 und 206/2 sowie eine Teilfläche der Flurnummer 214/2. Alle Grundstücke befinden sich innerhalb der Gemarkung Aeschach der Stadt Lindau.


  1. Planungsziel 

Die Planung dient der Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum, darunter anteilig sozial geförderter Wohnraum. Mit der Errichtung einer Kindertagesstätte soll ebenfalls die erforderliche soziale Infrastruktur hergestellt werden. Die Grundzüge des Gewinnerkonzepts des städtebaulichen Wettbewerbs sollen umgesetzt werden. 

Beim gesamten Planvorhaben wird, nach dem Leitgedanken „Wohnen im Grünen“, auf eine durchgängige Begrünung, Dachbegrünung und eine kompakte Bauweise geachtet, wodurch der Anteil überbauter Fläche auf ein Minimales reduziert wird und die bauliche Dichte durch die Geschossigkeit kompensiert und verträglich wird.

Ab dem Vorplatz der Villa Engel soll das Quartier weitestgehend autofrei und fußgän-gerfreundlich entwickelt werden. Die Zufahrt für den Hol- und Bring-Verkehr der Kin-derbetreuung mit Möglichkeiten zum Be- und Entladen und zu den bestehenden oberirdischen Stellplätzen der Villa Engel sowie des Stadtgärtnerhauses erfolgt an der bestehenden Zufahrt südwestlich des Plangebiets. Die Zufahrt wird entsprechend erweitert und mit einem Wendebereich ausgestattet. Das Quartier selbst ist ab hier lediglich für Feuerwehr-, Rettungs- sowie Ent- und Versorgungsfahrzeuge befahrbar und kann so weitestgehend autofrei entwickelt werden.

  1. Verfahrenswahl

Die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 129 erfolgt im Regelverfahren mit der Erstellung eines Umweltberichts und der Durchführung der frühzeitigen Unterrichtung der Öffentlichkeit gemäß § 3 Abs. 1 BauGB sowie der frühzeitigen Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gemäß § 4 Abs. 1 BauGB. Die Änderung des Flächennutzungsplans erfolgt im Parallelverfahren nach § 8 Abs. 3 BauGB.

  1. Festsetzungen des Bebauungsplanes

Art der baulichen Nutzung

Im Bereich der Reihenhäuser (WA 1), des Geschosswohnungsbaus inkl. Palmenhaus (WA 2) und der Kindertagesstätte (WA 3) wird ein Allgemeines Wohngebiet gemäß § 4 BauNVO festgesetzt.

Entsprechend des Nutzungskonzeptes sind im WA 1 und WA 2 Wohngebäude, die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störende Handwerksbetriebe und Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke zulässig. Die über das Wohnen hinausgehenden zulässigen Nutzungen sollen zur Belebung und Attraktivierung des Quartiers beitragen. So wäre die Errichtung eines Quartiercafés oder beispielsweise einer Quartierswerkstatt möglich. Im Bereich der Kindertagesstätte (WA 3) sind im Erdgeschoss und im 1. Obergeschoss Anlagen für soziale Zwecke – konkret für die Kinderbetreuung – zulässig. Im 2. Obergeschoss (Dachgeschoss) ist zudem Wohnnutzung zulässig, da hier Wohnraum insbesondere für Erzieher:innen zur Verfügung gestellt werden soll. Sonstige nicht störende Gewerbebetriebe, Anlagen für Verwaltungen, Gartenbaubetriebe sowie Tankstellen sind nicht zulässig, da sich diese Nutzungen nicht in das gewünschte Nutzungsschema eines ruhigen, aber belebten und weitestgehend autofreien Wohnquartiers einfügen. Ferienwohnungen im Sinne des § 13a Satz 1 und Satz 3 BauNVO sind ebenfalls nicht zulässig, da der hier geschaffene Wohnraum der Bevölkerung und nicht dem Tourismus dienen soll. Aus diesem Grund sind zudem Betriebe des Beherbergungsgewerbes im Allgemeinen Wohngebiet nur ausnahmsweise und im Mischgebiet nicht zulässig.

Im Bereich der denkmalgeschützten Gebäude Villa Engel und Stadtgärtnerhaus wird entlang der Ludwig-Kick-Straße ein Mischgebiet festgesetzt. Hier wird eine dem Gebietscharakter entsprechende Nutzungsdurchmischung über die jeweiligen Geschosse gewährleistet. Im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss sind Geschäfts- und Büronutzungen, Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, sonstige Gewerbebetriebe und Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke zulässig um auf die Vorprägung durch die Ludwig-Kick-Straße zu reagieren. Wohnnutzung ist aus immissionsschutzfachlichen Gründen und zum Schutz der Privatsphäre ausschließlich in den oberen Geschossen zulässig. Im Erdgeschoss ist keine Wohnnutzung zulässig. Darüber hinaus sind Gartenbaubetriebe, Tankstellen und Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ebenfalls nicht zulässig. Für diese Nutzungen stehen andere Flächen im Stadtbereich zur Verfügung und sind an diesem Standort städtebaulich nicht gewünscht.



Maß der baulichen Nutzung

Grundflächenzahl (GRZ): Zur Regelung der Bebauungsdichte sowie zur baurechtlichen Umsetzung der Gebäudeplanung des Wettbewerbentwurfs, erfolgt die Festsetzung einer jeweils für die Allgemeinen Wohngebiete WA1-3 maximal zulässigen Grundflächenzahl (GRZ) gemäß § 19 Abs. 1 BauNVO. Die zulässigen Maximalwerte sind entsprechend der Orientierungswerte der BauNVO für ein Allgemeines Wohngebiet mit 0,4 festgesetzt.

Für das Mischgebiet (MI) werden keine Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung getroffen, da hier eine Bestandsbebauung vorliegt, die zudem unter Denkmalschutz steht. Änderungen richten sich daher nach dem Denkmalschutzgesetz.

Höhe der baulichen Anlagen: Die Höhe der baulichen Anlagen wird bestimmt durch die Festsetzung einer Gesamthöhe und einer Wandhöhe. Die festgesetzten Höhen gliedern die Bebauung und stellen gleichzeitig die Einfügung in das Stadtbild sicher.

Weitere Festsetzungen sind:

- Überschreitung der GRZ durch Anlagen gem. §19 Abs. 4 1-3 BauNVO
- Bauweise 
- Dachform und Dachneigung
- Dachgestaltung
- Materialien und Gestaltung
- Grünordnung und Immissionsschutz

Fachliche Bewertung

Dem Bau- und Umweltausschuss der Stadt Lindau wurde das Projekt in seiner Sitzung vom 14.04.2021 vorgestellt und ein Empfehlungsbeschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplanes „Alte Stadtgärtnerei“ gefasst. 

Diskussionsverlauf

Stadtrat Strauß dankt für die gute Präsentation. Dennoch kann er dem BPlan nicht zustimmen, da er nicht nachvollziehen kann, dass man Einfamilienhäuser baut, wenn es einen Mangel an bezahlbarem Wohnraum in Lindau gibt. Auch sieht er im Baumbestand Konfliktpotential. 

Stadträtin Rundel findet den Nutzungsmix gut. 

Beschluss

  1. Der Stadtrat der Stadt Lindau (B) beschließt die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 129 “Alte Stadtgärtnerei“, die Änderung des Bebauungsplanes Nr. 24 „Im vorderen Weyen“ sowie die Änderung des Bebauungsplanes Nr. 66 „Ludwig-Kick-Straße“ gemäß § 2 Abs.1 BauGB.

  1. Der Stadtrat der Stadt Lindau (B) billigt den Vorentwurf des Bebauungsplans Nr. 129 “Alte Stadtgärtnerei“, der 6. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 24 „Im vorderen Weyen“ und der 2. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 66 „Ludwig-Kick-Straße“ mit Stand vom 25.10.2023. 

  1. Der Stadtrat der Stadt Lindau (B) beschließt die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 3 (1) BauGB und die frühzeitige Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange nach § 4 (1) BauGB. 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 21, Dagegen: 4

Dokumente
Anlage 1 Bebauungsplan Vorentwurf (.pdf)
Anlage 2 Begründung mit Umweltbericht (.pdf)
Anlage 3 Artenschutzbericht Stadtgärtnerei (.pdf)
Anlage 4 Zauneidechsen Zwischenbericht (.pdf)
Anlage 5 Schallschutzgutachten (.pdf)
Anlage 6 Baumschutz (.pdf)
Anlage 7 Baugrundgutachten (.pdf)
Anlage 8 Abfallrechtliche Vorbewertung (.pdf)
Anlage 9 Verkehrstechnische Stellungnahme (.pdf)
Anlage 10 Brandschutz (.pdf)
STR_2023_10_25_TOP_ö9_ö10_Stadtgärtnerei_opla_MT (.pdf)

Datenstand vom 09.11.2023 09:22 Uhr