vBP Nr. 135 "Neubau Aldi, Sennhofweg": - Abwägung der Stellungnahmen der frühzeitigen Beteiligung - Billigung des Bebauungsplanentwurfs - Beschluss zur förmlichen Auslegung


Daten angezeigt aus Sitzung:  4. Sitzung des Stadtrates, 20.03.2024

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat (Stadt Lindau) 4. Sitzung des Stadtrates 20.03.2024 ö beschließend 5

Sachverhalt

  1. Anlass, Ziel und Zweck der Planung 
Der Anlass für die Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes Nr. 135 "Neubau Aldi, Sennhofweg" ist die Absicht der Vorhabenträgerin, einen Neubau des Einzelhandelbetriebes Aldi Süd zu errichten. Zudem sollen eine Kindertagesstätte, Räume für die Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung e.V., Kreisvereinigung Lindau, medizinisches Gesundheitshandwerk sowie weitere Gewerbeflächen bzw. Büroräume auf dem Grundstück umgesetzt werden.
Durch das Vorhaben wird die Nahversorgung in der Stadt gestärkt. Die soziale Infrastruktur durch den Bau der Kindertagesstätte sowie die Räume für die Lebenshilfe wird weiter ausgebaut. Aus diesem Grund unterstützt die Stadt Lindau (B) das Vorhaben und wird bauleitplanerisch tätig. 

  1. Verfahrensstand und Art der Verfahrensbearbeitung 
Für das Vorhaben besteht derzeit noch kein Baurecht. Um die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des geplanten Vorhabens herzustellen, ist deshalb die Aufstellung eines Bebauungsplanes erforderlich. Der Stadtrat der Stadt Lindau (B) hat am 25.10.2023 die Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. 135 „Neubau Aldi, Sennhofweg“ beschlossen. Die Aufstellung des Bebauungsplanes erfolgt im Regelverfahren. Der Vorhaben- und Erschließungsplan bildet dabei die Grundlage für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan. 

  1. Prüfaufträge aus der Stadtratssitzung vom 25.10.2023
    1. Erschließung 
An der Kemptener Straße wird die Zufahrt zum Sennhofweg neu geplant. Für Fußgänger soll es zwei Querungsmöglichkeit geben. Diese Erschließungsplanung wird vom Ingenieurbüro „verkehrsingenieure“ übernommen. 
Von Norden kommend wird in der Kemptener Straße eine Linksabbiegespur geplant, die auch eine Querungshilfe für Fußgänger enthält. 
Fußgänger, die von Süden kommen und den Sennhofweg überqueren möchten, können dies zukünftig über einen Fußgängerüberweg, der nun vom Autohaus Stadler zur südwestlichen Spitze des Geltungsbereichs des vBPs führt. Um zur neuen Querungshilfe über die Kemptener Straße zu gelangen, wird ein öffentlicher Durchgang zwischen den Stellplätzen südlich des Aldi-Gebäudes hindurch geführt.
Die Erschließungsplanung wurde mit dem staatlichen Bauamt Kempten abgestimmt. 

Die Erschließung innerhalb des Geltungsbereichs wird sowohl über den Bebauungsplan selbst als auch über den Durchführungsvertrag gesichert. 
Die neue Erschließung, die sich außerhalb des Geltungsbereichs des vorhabenbezogenen Bebauungsplans befindet, wird ebenfalls über den Durchführungsvertrag geregelt. Dieser wird auch Regelungen zu Ersatzpflanzungen ggf. entfallener Bäume entlang der Kemptener Straße bis zur neuen Querungshilfe enthalten. 

    1. Niederschlagswasser und Versickerung 
Die Neuversiegelung bislang unversiegelter Flächen beläuft sich auf 4.170 m² (vgl. Tabelle auf S. 34 unter Ziffer 2.2.4.10 des Umweltberichts): 
  • 250 m² bei B312 (Baumgruppen mit standortgerechten Arten, mittlere Ausprägung)
  • 3.290 m² bei G11 (Intensivgrünland (genutzt)) 
  • 630 m² bei V51 (Grünflächen und Gehölzbestände junger bis mittlerer Ausprägung entlang von Verkehrsflächen) 
Es kommt aber auch zu Entsiegelungen in Höhe von 355 m², die davon abgezogen werden müssen (oben genannte Tabelle):
  • 175 m² bei V11 (Verkehrsflächen (befestigt)) 
  • 165 m² bei V12 (Verkehrsflächen (versiegelt))
  • 15 m² bei X4 (Gebäude der Siedlungs-, Industrie- und Gewerbegebiete) 

Die tatsächliche Neuversiegelung beläuft sich also auf 3.815 m². Gemessen an der Größe des Geltungsbereiches von 12.020 m² beträgt die Neuversiegelung gerundet 32 %.

Die Versickerung von anfallenden Niederschlagswasser wurde geprüft. 
Die Bodenfunktion "Retentionsvermögen" (bei Niederschlagsereignissen) der Böden im Plangebiet ist mit der Wertklasse 4 als hoch einzustufen, sodass dieses Vermögen in seiner Funktion möglichst erhalten bleiben sollte. Die Versickerungsfähigkeit der Böden ist – zumindest in den unversiegelten Bereichen – als gut zu bezeichnen. Die Versickerung von Niederschlagswasser kann in den unversiegelten Bereichen weiterhin über die belebte Oberbodenschicht erfolgen. Es wurden daher auf dem Grundstück drei Flächen für Versickerungsbereiche (bspw. Mulden / Rigolen) aufgenommen und entsprechend festgesetzt. Diese befinden sich südlich des Stadels sowie auf dem Grünstreifen westlich des Kita-Gebäudes. Die Versickerungsmulden sind mit einem bewachsenen Bodenfilter anzulegen, landschaftsgerecht einzubinden und zu begrünen. Ein Dauerstau ist nicht zulässig. 
Niederschlagswasser aus den versiegelten Bereichen wird durch die festgesetzte Dachbegrünung bis zu einem gewissen Grad zurückgehalten und kann anteilig vom Plangebiet aus wieder verdunsten. Überschüssiges Niederschlagswasser wird wie gegenwärtig im Bestand über die bestehende Regenwasserkanalisation abgeleitet.

Auch die Bewässerung der neu anzupflanzenden Bäume war ein Prüfauftrag aus der letzten Stadtratssitzung. 
Die Bewässerung der Bäume im Parkplatzbereich kann aufgrund der festgesetzten Grünflächen gewährleistet werden. Es ist festgesetzt, bei Baumpflanzungen in Belagsflächen pro Baum einen durchwurzelbaren Raum mit einer Tiefe von mindestens 1,5 m und einem Volumen von mindestens 12 m³ zur Verfügung zu stellen. Pro Baum ist eine offene Baumscheibe von mindestens 6 m² vorzusehen. In extremen Trockenperioden wird vor allem in den ersten Jahren nach Pflanzung eine künstliche Bewässerung (bspw. durch Bewässerungsbeutel am Stammfuß) angeraten, um ein gesundes Anwachsen der Gehölze zu gewährleisten. 

    1. Photovoltaik-Anlagen auf den Gebäudedächern und der Parkplatzfläche
In Bayern gibt es keine Pflicht Parkplätze mit PV-Anlagen zu überstellen, durch Artikel 44a Abs. 2. Bayerische Bauordnung (BayBO) gibt es jedoch eine PV-Pflicht für die Gebäude. 

Art. 44a Abs. 2 BayBO besagt: 
„Die Eigentümer von Nichtwohngebäuden, deren Antrag auf Baugenehmigung oder deren vollständige Bauvorlagen
  1. ab dem 1. März 2023 für Gebäude, die ausschließlich gewerblicher oder industrieller Nutzung zu dienen bestimmt sind, oder
  2. ab dem 1. Juli 2023 für sonstige Nichtwohngebäude
eingehen, haben sicherzustellen, dass Anlagen in angemessener Auslegung zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie auf den hierfür geeigneten Dachflächen errichtet und betrieben werden. Die Pflichten nach Satz 1 gelten auch bei vollständiger Erneuerung der Dachhaut eines Gebäudes, die ab dem 1. Januar 2025 begonnen wird. Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.“

Die neuerrichteten Gebäude werden daher mit einer PV-Anlage auf dem Dach ausgestattet. Dies ist so auch im vorhabenbezogenen Bebauungsplan, in den textlichen Festsetzungen unter 1.4.6 PV-Pflicht festgelegt. Unter den aufgeständerten PV-Anlagen ist eine extensive Dachbegrünung vorgesehen. Diese ist ebenfalls in den textlichen Festsetzungen unter 1.4.5 Dachbegrünung festgesetzt. 

Eine Überdachung der neuen Parkplatzflächen mit PV-Anlagen steht in Konflikt mit einer Begrünung der Parkplatzfläche. Die PV-Anlagen, die Parkplätze überstellen können, sind modular und wenig variabel. Die Pultdächer sind 2,5 m bis 3 m hoch und stehen aneinander an. Da die PV-Anlagen ähnlich wie Carports auf Stützen stehen und damit viel Platz verbrauchen (siehe Beispiele in der Anlage), entsteht ein Konflikt mit der bisher geplanten Begrünung der Parkplatzfläche nach Maßgabe der Freiflächengestaltungssatzung der Stadt Lindau. 
Würde der Aldi-Parkplatz mit PV-Anlagen überstellt werden, würde dadurch die bisher aufgelockerte und begrünte Struktur zwischen den beiden Gebäuden verloren gehen. 
 
Da das Dach des Aldi-Markts mit PV-Anlagen bestückt werden soll, wird vorgeschlagen, eine begrünte Struktur des Parkplatzes zu schaffen und auf eine Überständerung der Parkplatzfläche mit PV-Anlagen zu verzichten. 

  1. Prüfung und Abwägung der vorgebrachten Stellungnahmen aus der Öffentlichkeit gem. § 3 Abs. 1 BauGB 
Die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 3 Abs. 1 BauGB zu dem Bebauungsplanvorentwurf einschließlich seiner Begründung mit Stand vom 21.09.2023 fand in der Zeit vom 06.11.2023 bis 01.12.2023 statt. Während dieser Zeit konnten Stellungnahmen zur Planung schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stadt Lindau vorgebracht werden. 

Von Seiten der Öffentlichkeit gingen zum Vorentwurf mit Stand vom 21.09.2023 zwei Stellungnahmen ein, die von der Stadt Lindau geprüft und wie in Anlage 1 dargestellt, abgewogen wurden. 

  1. Prüfung und Abwägung der vorgebrachten Stellungnahmen von Behörden und Trägern öffentlicher Belange gem. § 4 Abs. 1 BauGB 

Die Unterlagen zur frühzeitigen Trägerbeteiligung gemäß § 4 Abs. 1 BauGB wurde am 31.10.2023 an insgesamt 31 Behörden und sonstige Träger öffentlicher Belange verschickt. Die vorgebrachten Stellungnahmen der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange wurden von der Stadt Lindau geprüft und wie in Anlage 1 dargestellt, abgewogen. 

Aufgrund der vorgebrachten Stellungnahmen zur frühzeitigen Auslegung und zur Trägerbeteiligung wurden folgende Planänderungen und -ergänzungen vorgenommen:
  • Anpassung der lärmschutztechnischen Bestimmungen 
  • Anpassung der Planzeichnung zur Erweiterung der Fläche für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen
  • Anpassung der Begründung zum Immissionsschutz
  • Aktualisierung der Rechtsgrundlagen
  • Aktualisierung der Ziele des LEP Bayerns
  • Anpassung des Vorhaben- und Erschließungsplanes und der Planzeichnung (Reduzierung der Zufahrten und Umstrukturierung der Parkplätze)
  • Ergänzungen im Umweltbericht

Der überarbeitete Entwurf des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes erhält das Fassungsdatum vom 20.02.2024. 

Fachliche Bewertung

Auf den Abwägungsvorschlag mit der Stellungnahme der Verwaltung in Anlage 1 wird ver­wiesen. 
Der Standort eignet sich für das Vorhaben besonders, da eine gute Erschließung über den "Sennhofweg" und die "Kemptener Straße" bereits vorhanden ist. Diese muss lediglich an neue Bedürfnisse angepasst werden.
Darüber hinaus sind überwiegende Teile des Geltungsbereiches bereits versiegelt. Folglich entsteht eine Wiedernutzung einer bereits teilweise versiegelten Fläche, sodass durch das Vorhaben ein geringerer Anteil an neuen, hochwertigen Böden versiegelt werden muss.
Durch das Vorhaben wird die Nahversorgung in der Stadt gestärkt sowie die soziale Infrastruktur durch den Bau der Kindertagesstätte und den Räumen für die Lebenshilfe weiter ausgebaut. 

Beschluss

  1. Der Stadtrat der Stadt Lindau (B) beschließt die von der Verwaltung vorgeschlagene Abwägung der Stellungnahmen.
  2. Der Stadtrat der Stadt Lindau (B) bewilligt den Entwurf des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes Nr. 135 „Neubau Aldi, Sennhofweg“ mit Stand vom 20.02.2024.
  3. Der Stadtrat der Stadt Lindau (B) beschließt die Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3 Abs. 2 BauGB sowie die Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange gemäß § 4 Abs. 2 BauGB. 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 27, Dagegen: 0

Dokumente
Beispiele für eine PV Überdachung von Parkplätzen (.pdf)
Anlage 1 Abwägungsvorschlag (.pdf)
Anlage 2 Vorhaben- und Erschließungsplanung (.pdf)
Anlage 3 vBP (.pdf)
Anlage 4 Begründung (.pdf)
Anlage 5 Umweltbericht (.pdf)
Anlage 6 Artenschutzrechtlicher Kurzbericht (.pdf)
Anlage 7 Auswirkungsanalyse (.pdf)
Anlage 8 Geotechnischer Bericht (.pdf)
Anlage 9 Schalltechnische Untersuchung (.pdf)
Anlage 10 Verkehrstechnisches Gutachten (.pdf)
Anlage 11 Bevölkerungsprognose 2022 bis 2039 (.pdf)

Datenstand vom 27.03.2024 11:26 Uhr