Das Vorhaben liegt im planungsrechtlichen Außenbereich nach § 35 BauGB.
An dem Bauvorbescheidsverfahren wurde u. a. das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kempten (Allgäu) (AELF) beteiligt. Deren Stellungnahme, auf Basis einen Vor-Ort-Termines, wird als wesentliche Grundlage für die Beurteilung des Vorhabens hinsichtlich einer möglichen Privilegierung nach § 35 Abs. 1 BauGB herangezogen.
Das AELF bescheinigt dem Vorhaben keine vollumfängliche Dienlichkeit für einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BauGB. Dies liegt einerseits daran, dass sich der Betrieb erst im Auf- bzw. Umbau befindet und noch kein, bzw. kaum ein finanzielles Einkommen aus den bewirtschafteten Flächen erwirtschaftet werden kann. Mit einem nennenswerten Überschuss ist ca. ab dem Jahr 2026 zu rechnen, ein Vollertrag wird ab ca. 10 Jahren (2032) erwartet. Zum anderen sind keine sechs Wohneinheiten betriebsdienlich.
Für den sich im Aufbau befindlichen Betrieb und die hierfür erforderlichen Maschinen und Geräte ist die Maschinen- und Gerätehalle vorhabensdienlich uns somit nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert.
Der neu zu errichtenden Teil des Betriebsgebäudes ist bauplanungsrechtlich differenziert zu beurteilen:
Erdgeschoss:
Für einen erfolgreichen Betriebsstart sollen die Flächen im EG für die Obstverarbeitung, Lager, Hofladen und Rädle bereits zur Verfügung stehen, wenn mit der Vermarktung eigenerzeugter Produkte begonnen werden kann. Sie dienen dem Vorhaben und sind privilegiert nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB.
Ober- und Dachgeschoss:
Die Betriebsleiterwohnung ist privilegiert nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB.
Vier weitere Wohnungen:
Die vier weiteren Wohnungen im OG und DG können derzeit nicht als dem Vorhaben dienlich eingestuft werden. Eine landwirtschaftliche Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB liegt nicht vor. Daher erfolgt die Prüfung als sonstiges Vorhaben im Außenbereich gemäß § 35 Abs. 2 BauGB. Gemäß § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB kann sonstigen Vorhaben im Sinnes § 35 Abs. 2 BauGB nicht entgegen gehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplanes oder eines Landschaftsplanes widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB sind. Sonstige Belange gem. § 35 Abs. 3 BauGB werden durch das Vorhaben nicht beeinträchtigt.
Gemäß § 35 (4) Nr. 1 sind Nutzungsänderungen eines landwirtschaftlichen Gebäudes unter folgenden Voraussetzungen zulässig:
- das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
- die äußere Gestalt bleibt im Wesentlichen gewahrt,
- die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück (gilt in Bayern nicht)
- das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
- das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs,
- im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zulässigen Wohnungen (also landwirtschaftlich privilegierte Wohnungen; hier die Altenteiler-Wohnung und die neu zu schaffende Betriebsleiterwohnung) höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
- es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Bebauung als Ersatz für die aufgegeben Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des § 35 (1) Nr. 1 BauGB erforderlich.
Im hier vorliegenden Fall greift § 35 Abs. 4 Satz 2 BauGB, da der ehemalige Wirtschafsteil neu errichtet werden soll und eine neue Nutzung erhalten soll. Demnach gilt in begründeten Einzelfällen die Rechtsfolge des § 35 Abs. 4 Satz 1, der nur Nutzungsänderungen bei erhaltenswerter Bausubstanz begünstigt, auch für die Neuerrichtung eines landwirtschaftlichen Gebäudes, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll (hier Wohnungen). Satz 2 wurde ins Gesetz eingeführt, da optisch intakte Bausubstanz oft marode ist, sodass nur eine Neuerrichtung in Betracht kommt. Um den Strukturwandel in der Landwirtschaft zu unterstützen, soll im Einzelfall auch eine Neuerrichtung begünstigt werden.
Das vorliegende Vorhaben wird als begründeter Einzelfall angesehen.
Die vorgelegte Betriebsbeschreibung sowie der bereits erfolgte Kauf der Hofstelle mit den dazugehörigen Betriebsflächen machen die Ernsthaftigkeit des Vorhabens deutlich. Die Hofstelle wird nicht aufgegeben sondern weitergeführt. Das Vorhaben ist insgesamt landschaftstypisch und fügt sich von der Art der Bewirtschaftung sowie baulich in die umgebende Landschaft ein.
Auflage:
Der Bauherr muss gem. § 35 Abs. 1 Nr. 1 g) eine Verpflichtung übernehmen, keine Ersatzbebauung für die aufgegeben Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erforderlich.
Zulässigkeit nach BauGB
Das Vorhaben ist unter o.g. Auflagen gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB und § 35 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 35 Abs. 4 Satz 2 BauGB genehmigungsfähig.