EÜ Lotzbeck - Variantenentscheidung


Daten angezeigt aus Sitzung:  2. Sitzung des Stadtrates, 31.01.2024

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat (Stadt Lindau) 2. Sitzung des Stadtrates 31.01.2024 ö beschließend 8

Sachverhalt

Der Bahnübergang (BÜ) Lotzbeckweg am nördlichen Ende des Bahndamms muss zurückgebaut und durch ein Kreuzungsbauwerk ersetzt werden, da die Nutzungserlaubnis für die Fortführung des bestehenden Bahnübergangs abläuft. Zudem wird aufgrund der Lage (Bodensee Fahrradstraße) und des Verkehrsaufkommens sowie den künftig steigenden Zugzahlen eine niveaufreie Kreuzung als unbedingt notwendig angesehen. 

Nachdem ursprünglich (um 2015) der Stadtrat eine Eisenbahnüberführung beschlossen hatte, wurde zwischenzeitlich eine weitere Variante einer Straßenüberführung (Brücke) in Erwägung gezogen. Der Stadtrat hat sich jedoch in seiner Sitzung vom 27.02.2020 gegen die Planung einer Straßenüberführung und für die Planung einer Eisenbahnüberführung (EÜ) „System Bregenzer Straße“ entschieden und die Stadtverwaltung beauftragt, diese Variante gegenüber der DB als Fiktiventwurf zu vertreten, was der Stadtverwaltung in intensiven und langwierigen Beratungen mit der DB gelungen ist. Daraufhin hat die DB Netz AG unter Mitwirkung der Stadt Lindau / GTL die nun vorliegenden Planungsvarianten erarbeitet. Hierzu zählen einmal der sogenannte „Fiktiv-Entwurf“ (notwendige Lösung im Sinne des Eisenbahnkreuzungsgesetzes) und einmal der sogenannte „Real-Entwurf“ (Wunschvorstellung der Stadt Lindau).  

Fachliche Bewertung

Für die EÜ betragen die abgestimmten lichten Abmessungen 2,50 m x 6,50 m (lichte Höhe x lichte Breite). Es handelt sich um eine EÜ für den reinen Fußgänger- und Fahrradverkehr. Eine Durchfahrt für Pkw / Lkw ist nicht vorgesehen. Bei Einhaltung der entsprechenden Fahrzeugabmessungen ist eine Durchfahrt z.B. für Pflegefahrzeuge (Kehrmaschine o.ä.) oder kleinere Rettungsfahrzeuge aber möglich. Rampenbauwerke von Ost nach West  führen zu den beiden Eisenbahnüberführungen,  der Fußgänger- und Fahrradverkehr wird unter den Eisenbahnstrecken hindurchgeführt. 

Im Gegensatz zur zuletzt vorgestellten Planung, soll die Anbindung zum Eisenbahndamm für Radfahrer nun über eine nördliche „Schleife“ (im Bereich der heutigen, östlichen Kleingartenanlage) erfolgen. Dies ist aus verkehrlicher Sicht, aber auch für den zweiten Rettungsweg der Einsatzfahrzeuge positiv zu bewerten. Der Rettungsverkehr soll über eine Verlängerung der Straße „Am Alpengarten“ gemäß dem gültigen Bebauungsplan entlang der südlichen „Aeschacher Kurve“ geführt werden. 

Auf Grund der Nähe zum Bodensee, der beengten Verhältnisse und des schwierigen Baugrunds vor Ort ist für den Ersatz der Bahnübergänge ein massiver Eingriff in die Örtlichkeiten (auch in die Landschaft und in das Grundwasser) notwendig. Die durch die Maßnahme entfallenden Stellplätze im Bereich der Kleingartenanlage / Angelvereins können an Ort und Stelle, im Bereich der östlich der Gleise gelegenen Kleingartenanlage, ausgeglichen werden. 

Für die weitere Entscheidungsfindung wurden durch die DB Netz AG in Abstimmung mit der Stadt Lindau die folgenden zwei Varianten für eine EÜ ausgearbeitet. Die Abmessungen der Eisenbahnüberführungen unterhalb der beiden Eisenbahnstrecken sind bei beiden Varianten gleich. Die Varianten unterscheiden sich in der Ausbildung der Rampenbauwerke sowie der Ausdehnung (seitliche Pflanztröge). Die Anbindung des Heckenweges erfolgt in beiden Varianten durch die Kleingartenanlage.

Variante 1 - „Trog-Lösung“

Das Rampenbauwerk wurde mit einer durchgehenden Breite von 6,50 m und lichte Höhe unter den zukünftigen Eisenbahnüberführungen von 2,50 m und seitlich aufgehender Stahlbetonwände geplant. Die Wandhöhe  nimmt in Richtung der Eisenbahnunterführung zu und beträgt bei der tiefsten Stelle ca. 4,25 m. Diese Variante entspricht im Wesentlichen dem „Fiktiv-Entwurf“.
Von Westen her kommend ändert sich für den Nutzer, der Richtung Osten weiterfahren möchte, nichts gegenüber dem Bestand (außer die Höhenüberwindung). Möchte ein Verkehrsteilnehmer vom Heckenweg her kommend die EÜ nutzen,  müsste er ca. 150 m nördlich des heutigen Bahnübergangs Richtung Westen durch die bestehende Kleingartenanlage (auf einem heute schon unbefestigten Weg) an den Beginn der Unterführung fahren, um dann weiter Richtung Osten / Insel zu gelangen. 

Auf der Ostseite des heutigen Bahnübergangs hat sich Planung gegenüber dem Letztstand erheblich verändert. So ist aktuell vorgesehen, dass die Verkehrsbeziehung Richtung Insel über eine „Schleife“ auf der heutigen Fläche der Kleingärten hergestellt wird. Dies hat den Vorteil, dass die entfallenden Parkplätze für dortigen Nutzer innerhalb der „Schleife“ angelegt werden könnten, ebenso die Wertstoffsammelstelle. Der motorisierte Individualverkehr soll vom „Am Alpengarten“ her kommend entlang der Aeschacher Kurve (Gleisanlage) geführt werden, analog dem bestehenden Bebauungsplan. So kann der zweite Rettungsweg unabhängig vom Bodenseeradweg realisiert werden. Für mobilitätseingeschränke Personen wird eine Rampe sowie eine Treppenanlage Richtung Süden auf den Eisenbahndamm angelegt, damit die Nutzer nicht dem Umweg über die „Schleife“ nehmen müssen. Eine Durchgrünung wird in der weiteren Planung entsprechend berücksichtigt. 

Die späteren Unterhaltskosten sind etwas geringer als bei der Variante 2, da das Bauwerk von den Dimensionen her kleiner ist. Die Kosten für den Unterhalt der Verkehrswege inkl. der Grundwasserwanne verbleibt bei der Stadt Lindau, die DB Netz AG trägt lediglich die Unterhaltungslast der Eisenbahnüberführungen. 

Der Eingriff in zwei Privatgrundstücke ist unumgänglich. Mit einer Partei wurde schon ein erstes Vorgespräch geführt. Eine Einigung muss im Zuge der Entwurfsplanung im Jahr 2024 erfolgen. 

Variante 2 - „System Bregenzer Straße“

Das Rampenbauwerk wurde ebenfalls mit einer durchgehenden Breite von 6,50 m (Verkehrsfläche) geplant. Die Grundwasserwanne ist ähnlich der EÜ Bregenzer Straße breiter als der Verkehrsfläche vorgesehen (Breite 12,0 m). Dies ermöglicht seitlich die Herstellung von Trögen, die begrünt werden können. Die Verkehrsbeziehungen entsprechen denen der Variante 1. Lediglich die Anordnung der seitlichen Pflanztröge wird in dieser Variante ergänzt. 

Variante 2 entspricht im Wesentlichen dem „Real-Entwurf“.

Der Eingriff in zwei Privatgrundstücke ist bei dieser Variante ebenso unumgänglich und verhält sich ähnlich wie bei Variante 1. Durch die breitere Ausführung wird jedoch zwischen den Gleisen etwas mehr Fremdgrund in Anspruch genommen, zudem müsste ein weiterer Kleingarten aufgelöst werden. 

Kosten

Die Kostenbelastung der Stadt Lindau hat sich seit Frühjahr 2020 durch ein neues Gesetz zur Entlastung der Kommunen bei Änderungen von Bahnübergängen geändert. Somit entfällt der städtische Eigenanteil an der Maßnahme am BÜ Lotzbeck bei der Umsetzung des „Fiktiv-Entwurfs“. Kostenbelastungen können jedoch weiterhin entstehen, 

  • wenn auf Wunsch der Stadt eine aufwendigere Kreuzungsanlage als notwendig gebaut wird,
  • wenn auf Wunsch der Stadt anlässlich der Kreuzungsmaßnahme weitere Baumaßnahmen im Umfeld der Kreuzung durchgeführt werden.

Nach der Maßnahme werden für die Stadt Lindau Kostenbelastungen für die Erhaltung der Wegeanlagen sowie der notwendigen Grundwasserwanne entstehen. Der Unterhalt der EÜ verbleibt bei der DB Netz AG. 

Die Kostenbelastungen der Stadt Lindau können je nach Variante wie folgt ausfallen:


Variante 1
Variante 2
Baukosten
ca. 17.000.000 €
ca. 18.500.000 €
Planungskosten
ca. 4.500.000 €
ca. 4.500.000 €
Projektkosten
ca. 21.500.000 €
ca. 23.000.000 €
Kostenmasse nach EKrG
ca. 21.500.000 €
ca. 21.500.000 €
Eigenanteil ca.
0 €
Ca. 1.500.000 €

Bei der Kostenaufstellung handelt es sich um Netto-Kosten, da bei der Berechnung vorausgesetzt wird, dass die DB Netz AG die Maßnahme durchführt. Die Nebenkosten, die über die 20 % Verwaltungskosten hinausgehen, verbleiben bei der DB Netz AG. Es wird davon ausgegangen, dass die Variante 1 die notwendige Maßnahme i.S.d. § 3 EKrG („Fiktiv-Entwurf“) ist und die Mehrkosten für die andere Variante alleine von der Stadt Lindau zu tragen wären (1.500.000 € zzgl. MwSt.). Es können aktuell noch keine Aussagen zu den Fördermöglichkeiten getroffen werden. 

Es handelt sich bei dieser Kostenbetrachtung nur um eine Modellrechnung. Die finalen Kostenanteile lassen sich erst im Zuge der Entwurfsplanung feststellen. Vor allem ist darauf hinzuweisen, dass die Kostenannahmen ohne Risikoaufschlag (DB rechnet mit 20 %) bzw. Nominalisierungen (jährliche Kostensteigerung aufgrund Baukostensteigerung / Inflation etc., DB rechnet mit 9,8 % p.a.) getroffen wurden.

Termine

Folgender Zeitplan ist aktuell vorgesehen (Idealfall, kann durch unvorhergesehenes abweichen):

  • Abschluss Entwurfsplanung        Bis Mitte 2025
  • Genehmigungsverfahren        Mitte 2025 – Ende 2026
  • Planung / Ausschreibung        Bis Mitte 2027 
  • Ausführung                        Ab Ende 2027

Planungsvereinbarung (PV)

Für die Beseitigung des BÜ Lotzbeck wurde im Jahr 2016 eine PV zwischen der DB Netz AG und der Stadt Lindau abgeschlossen. Ziel der PV war es, die Kreuzung durch eine Eisenbahnüberführung (Geh- und Radweg als Unterführung) zu ersetzen. 

Abwägung anhand der wesentlichen Entscheidungskriterien:

Nutzbarkeit und Verkehrssicherheit

Beide Varianten verbinden die vorhandenen Geh- und Radwege und ermöglichen vergleichbare Verkehrsbeziehungen. Die Variante „Trog“ ist aufgrund der schlechten Sichtbeziehungen als nachteilig zu bewerten. Die Variante „System Bregenzer Straße“ wäre aus verkehrlicher Sicht eine gute Lösung, ist aber hinsichtlich der Finanzierbarkeit zu hinterfragen. Hier wären zunächst noch Gespräche mit der DB sowie der Regierung von Schwaben zu führen, um die Kostenbelastung für die Stadt Lindau (B.) zu minimieren.

Gestalterische Einbindung

Die Variante „System Bregenzer Straße“ ist aus der Entfernung kaum zu sehen, hat aber erhebliche Eingriffe in das bestehende Gelände zur Folge. Die Variante 1 hat geringfügig weniger Eingriffe, ist aber ohne die Anordnung von seitlichen Pflanztrögen aus gestalterischer Sicht negativ zu bewerten. 

Genehmigungsfähigkeit

Durch die Variante „System Bregenzer Straße“ werden größere Eingriffe in Schutzgut Boden, Grundwasser und Wasser, Fläche, Klima-Luft, Landschaft und Entsorgung von Aushub verursacht. Außerdem werden eine größere Fläche des Grundstücks der Eisenbahnvermögen (Bereich zwischen beiden Strecken) und voraussichtlich die Auflösung von mehreren Kleingärten westlich der Streckengleise notwendig. Dadurch werden seitens DB Netz AG Schwierigkeiten im Genehmigungsverfahren gesehen (Begründung der technischen Notwendigkeit der Pflanztröge. Die Genehmigungsfähigkeit der Pflanztröge, die keine technische Notwendigkeit hätten, wird vom EBA festgelegt).

Kosten

Aufgrund der Kostengegenüberstellung und den von der DB Netz AG gesehen Schwierigkeiten der Genehmigungsfähigkeit ist die Variante 1 unter dem Kostengesichtspunkt eindeutig zu bevorzugen. Vor allem vor dem Hintergrund der aktuellen finanziellen Lage der Stadt Lindau, darf dies nicht außer Acht geraten.  

Finanzielle Auswirkungen


einmalig
laufend
Finanzielle Auswirkungen:
Abhängig von Variante    
     
Mittel stehen (nicht) zur Verfügung
Haushaltsstelle/
Deckungsvorschlag
   





Diskussionsverlauf

Oberbürgermeisterin Dr. Alfons spricht sich klar für die Variante 1 aus, denn diese Variante spare der Stadt 1,5 Mio. Euro und mache im Ergebnis keinen großen Unterschied. 

Stadtrat Reich erkundigt sich nach den Parkplätzen in diesem Bereich. Zudem spricht er die mangelnde Bürgerbeteiligung für die Maßnahme an. Aus Kostengründen findet er den Beschluss zur Variante 1 ein gutes Signal.

Der Werkleiter der Garten- und Tiefbaubetriebe, Herr P. Hummler, antwortet, dass man schauen wird, ob die angesprochen Parkplätze in diesem Bereich erhalten werden können. 
Es fand bereits ein Austausch mit dem 1. Vorsitzenden des ESV und Anwohnern statt. Er verweist jedoch darauf, dass eine ausführliche Bürgerbeteiligung Aufgabe der Bahn ist. 

Für Stadträtin Rundel ist die Maßnahme ein Jahrhundertbauwerk an exponierter Stelle. Sie wünscht sich die beste Lösung, die gestalterisch ansprechend ist. Sie bittet darum, Fördermöglichkeiten bei der Regierung von Schwaben abzufragen.

Der Werkleiter der GTL, Herr P. Hummler, antwortet, dass hierfür keine Fördermöglichkeiten bestehen, da es sich nicht um eine Verkehrsfläche handelt. 

Beschluss

  1. Der Stadtrat berät und beschließt die Planung einer der vorgelegten Varianten und beauftragt die Verwaltung, die Planung auf dieser Grundlage fortzuführen.
  2. Der Stadtrat beauftragt die Verwaltung und die DB Netz AG, die Bürgerinnen und Bürger über den weiteren Planungsprozess kontinuierlich zu informieren.
  3. Der Stadtrat empfiehlt dem Finanzausschuss, die je nach Variantenentscheidung für die Umsetzung notwendigen Finanzmittel im Vermögenshaushalt der Folgejahre einzuplanen. 
  4. Der Stadtrat beschließt, bei Erfordernis den Bebauungsplan Nr. 68 „Aeschacher Ufer“ entsprechend zu ändern.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 23, Dagegen: 0

Dokumente
STR-2024-01-31-TOPÖ07-BÜ Lotzbeck_Anlage Fiktiventwurf (.pdf)
STR-2024-01-31-TOPÖ07-BÜ Lotzbeck_Anlage Realentwurf (.pdf)
STR-2024-01-31-TOPÖ08-EÜ Lotzbeck_Präsentation (.pdf)

Datenstand vom 27.02.2024 09:18 Uhr