Friedhof Türkenfeld / Bitte der Kirchenverwaltung um vollständige Verantwortungsübernahme durch die Gemeinde zum 01.01.2024 / hier: Beratung und Beschlussfassungen


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 29.11.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Türkenfeld) Sitzung des Gemeinderates 29.11.2023 ö beschließend 4
Gemeinderat (Gemeinde Türkenfeld) Sitzung des Gemeinderates 20.03.2024 ö beschließend 6

Pressetaugliche Texte

Ausgangslage:
Die katholische Pfarrkirchenstiftung „Mariä Himmelfahrt“ ist Anfang Oktober an die Gemeinde herangetreten und hat darum gebeten, zum nächstmöglichen Zeitpunkt den Friedhof Türkenfeld inkl. aller damit einhergehender Verwaltungs- und Liegenschaftsaufgaben in Hoheit & Verantwortung der Gemeinde zu überführen. Grund dafür ist, dass die Kirche bereits ab 1.1.24 nicht mehr über die (ehrenamtlichen) Ressourcen verfügen wird, um diese über Jahrzehnte geleistete Arbeit weiterzuführen. 

Stellungnahme des Bayerischen Gemeindetags zum Anliegen der Kirchenstiftung (Auszug aus dem Schriftverkehr dazu): 
In der Praxis kommt es zunehmend vor, dass die Kirche den Friedhof nicht mehr betreiben will bzw. kann und ihn der Gemeinde zur Übernahme anbietet. 
Übernimmt die Gemeinde den kirchlichen Friedhof mangels ausreichender eigener Bestattungs-einrichtungen, so verbleibt das Grundstück nach dem Willen der Kirche in der Regel in deren Eigentum (dauerhafter Gemeingebrauch muss gesichert sein). Instandhaltung und Sanierung hat jedoch die Gemeinde zu übernehmen einschließlich der Verkehrssicherungspflicht und aller Haftungsrisiken. Auch muss eine neue Gebührenkalkulation erfolgen, die erfahrungsgemäß zu erheblich höheren gemeindlichen Gebühren führt (Kostendeckungsprinzip des Art. 8 KAG).

Grundsätzlich gilt: Bereitstellung eines Friedhofs ist gemeindliche Pflichtaufgabe
„Die Bestattung der Gemeindebürger sicher zu stellen durch Vorhaltung der erforderlichen Bestattungseinrichtungen ist eine Pflichtaufgabe der Gemeinde“ (Festgelegt in der Bayerischen Verfassung). Diese Pflichtaufgabe nimmt in der örtlichen Daseinsvorsorge eine Sonderstellung ein. Bedingt wird das an erster Stelle durch die vielfältigen gesellschaftlichen Funktionen, die Friedhöfen zukommen. Dazu zählen u.a. die kulturhistorische, siedlungsstrukturelle, soziale, ökologische, wirtschaftliche und auch Erholungsfunktion sowie Eigenschaften, die dem Wesen von Bestattungsorten unabdingbar sind. 

Nachdem die Übernahme des Friedhofs aus Sicht von Bürgermeister und Verwaltung alternativlos ist, wurde verwaltungsseitig eine Projektgruppe eingesetzt, die die nächsten Schritte und insb. die Integration dieser zusätzlichen arbeitsintensiven Aufgabe in das Rathausteam begleiten soll. Wichtig: Betroffen sind nahezu alle Fachfunktionen im Rathaus (Bürgerbüro, Liegenschaftsverwaltung, Kasse, Kämmerei, …)

Was wurde bereits in die Wege geleitet und was sind die nächsten Schritte?
  • Erstellen der unterschriftreifen Zweckvereinbarung über die Friedhofträgerschaft unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen der Gemeinde (siehe Anhang)
  • Erstellung und ggf. Erlass einer Benutzungssatzung der gemeindlichen Bestattungseinrichtung mit Friedhofsordnung (siehe Anhang)
  • Grobkalkulation der Kosten der gemeindlichen Bestattungseinrichtung
  • Erstellung und Erlass einer Gebührensatzung für die Benutzung der Bestattungseinrichtung
  • Übernahme der Friedhofspläne und Grabpläne in das bestehende Software-System, welches kompatibel zu den Anwendungen des Rathauses sein muss

Welche laufenden Aufgaben kommen NEU auf die Gemeindeverwaltung im Zusammenhang mit der Verantwortung für den Friedhof zu? 
  • Verwaltungsmäßige, organisatorisch und wirtschaftliche Führung des Friedhofs und des Leichenhauses 
    D. h.:
    > Vergabe/ Verkauf von Gräbern
    > Verwaltung des Grabbestands
    > Erhebung von Gebühren
    > Führen des Grabbuchs
    > Kontaktstelle zu Bestattern
    > …
  • Anwendung der Friedhofs- und Gebührensatzung sowie des Bayerischen Bestattungsgesetzes und der Bayerischen Bestattungsverordnung
    U. A.:
    > Übernahme hoheitlicher Aufgaben
  • Verkehrssicherung im gesamten Friedhofsbereich inkl. Winterdienst, Baum- und Strauchschnitt, etc. (Gesamtgröße des Areals: siehe Grafik unten)
  • Grünanlagenpflege inkl. der sehr aufwendigen Pflege der Bereiche zwischen den einzelnen Gräbern
  • (Bauliche) Weiterentwicklung des Friedhofs / Erhaltungsaufgaben
    > Adaptieren neuer Bestattungsformen und entsprechende Umsetzung
    > Planung von Sanierungs- und Erhaltungsmaßen (z. B. Friedhofswege) sowie deren Umsetzung

Die Frage nach einem sinnvollen Übernahmezeitpunkt des Friedhofs wurde von anderen Kommunen dergestalt beantwortet, dass nach Möglichkeit immer ein 1.1. als Übergabedatum gewählt werden sollte. 

Wie werden sich die Grabgebühren entwickeln?
Die bisher seitens der Kirchenverwaltung erhobenen Grabgebühren liegen weit unter den Gebühren vergleichbarer (kommunaler) Friedhöfe. Dies ist in der Hauptsache damit zu erklären, dass viele Tätigkeiten auf ehrenamtlicher Basis erbracht wurden bzw. nicht in Kalkulationen eingeflossen sind. Die Gemeinde hingegen ist strikt den Anforderungen des Art. 8 KAG unterworfen (= Pflicht zum sog. „Kostendeckungsansatz“).

Um dem Kostendeckungsprinzip gerecht zu werden, ist es erforderlich, die zu erwartenden Kosten und die festzulegenden Gebührensätze in einer Vorauskalkulation zu ermitteln.
Bei der durchgeführten Kalkulation der Grabgebühren wurden die verschiedenen Grabarten und die Nutzungsrechte je Grabart mittels Äquivalenzziffernrechnung berücksichtigt. 

Nachfolgend eine Zusammenfassung der Ermittlung der Grabnutzungsgebühren:



Eine an die Erfahrungen anderer Kommunen angelehnte Kalkulation der Grabgebühren hat folgende Gebührenansätze ergeben, die ab 01.01.2024 gelten sollen:



Der Ansatz für die Grünanlagenpflege/ Handwerkerarbeiten orientiert sich an den tatsächlich in diesem Jahr geleisteten Arbeitsstunden und liegt über den in der Vergangenheit hierfür investierten Beträgen. Der höhere Stundeneinsatz trägt dem Wunsch aus der Bürgerschaft Rechnung, die Pflegeintervalle zu erhöhen. 

Nachfolgend werden rein informell die erwarteten laufenden Kosten im Kontext „Friedhof“ dargestellt:


Wichtig:
1)        Vereinfacht ausgedrückt muss ein wesentlicher Teil der o. g. Kosten durch Grabverkäufe-         bzw. Verlängerungen bestehender Grabstellen erwirtschaftet werden (Annahme: 35 pro         Jahr). Es ist übliche Praxis, dass ein Grab einmalig beim Kauf bzw. bei der Verlängerung         für die komplette Laufzeit bezahlt wird. Weitere jährliche Gebühren fallen nicht an. 
2)        Die o. g. vorgeschlagenen Gebühren ab 1.1.24 entsprechen im Mittel den Gebühren, die         auf anderen kommunalen Friedhöfen erhoben werden (entsprechende Vergleichsorte         haben in den letzten Jahren ihre Gebühren neu kalkuliert). Angewandt wurden bei der         Kalkulation die vom Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband erarbeiteten Muster. 
3)        Die Gebühren werden nicht rückwirkend erhöht. Sprich: Alle Stand heute rechtswirksam         „verkauften“ Gräber sind davon nicht betroffen. Wirksam sind die angepassten Gebühren         „nur“ für neu erworbene bzw. verlängerte Grabstellen. Hierzu zählen z. B. auch         Familiengräber, bei denen sich im Rahmen eines aktuellen Bestattungsfalles die         Nutzungszeiten ändern. 
4)        Zum Wirksam-Werden der oben gezeigten Gebührenkalkulation bzw. generell mit         Übernahme der Verantwortung für den Friedhof müssen Satzungen erlassen werden.         Diese finden sich im Anhang zu diesem Sachvortrag. Aus Vereinfachungsgründen wird die         bisherige Satzung im Kontext Leichenhaus in das neue Satzungskonstrukt integriert. Die         bisher gültige Leichenhausbenutzungssatzung und Leichenhausgebührensatzung werden         aufgehoben.



FAZIT: 
Türkenfeld ist eine der ganz wenigen Gemeinden, die bisher auf den „Luxus“ einen größtenteils ehrenamtlich verwalteten und unterhaltenen kirchlichen Friedhof bauen konnten. Aufgrund der sich verändernden Strukturen ist es nachvollziehbar, dass die Kirche eine Übergabe des Friedhofs in kommunale Obhut anstrebt. Die Gemeinde könnte dieses Ansinnen ablehnen, müsste dann aber einen eigenen öffentlichen Friedhof bauen und betreiben, was aus vielerlei Gründen abwegig und unwirtschaftlich erscheint. Natürlich bedeutet die Übernahme dieser Aufgabe einen erheblichen Zuwachs an Aufwand für das Rathaus-Team. Die Tatsache, dass aus dem kirchlichen Friedhof eine seitens der Gemeinde verantwortete „letzte Ruhestätte“ im Herzen des Dorfes werden kann, ist ein hohes Gut. Bürgermeister und Verwaltung empfehlen darum dem Gemeinderat die positive Votierung der in diesem Sachvortrag formulierten Beschluss-Vorschläge. 
Die Anpassung der Gebühren auf ein auf kommunalen Friedhöfen übliches Niveau ist dabei unerlässlich, weil gesetzlich vorgeschrieben und durch die Gemeinde nicht aus anderen Töpfen quer-finanzierbar. 


Welche nächsten Schritte sind zu gehen, sofern der Gemeinderat heute „grünes Licht“ gibt?
1)        Abschluss einer Übernahmevereinbarung (sog. Zweckvereinbarung über die         Friedhofsträgerschaft) mit der Kirchenstiftung, Beschluss durch die Kirchenstiftung sowie         Einholen der stiftungsrechtlichen Genehmigung.
2)        Veröffentlichung der Satzungen, etc. (Satzungsentwürfe, etc. – siehe Anhang)
3)        Abschluss Bestattungsdienstvertrag mit Bestattungsunternehmen (siehe Anlage)
4)        Intensive Bürgerkommunikation in Abstimmung mit der Kirchenverwaltung
5)        ab 1.1.24: Übernahme ALLER Aufgaben, die bisher die Kirche im Zusammenhang mit dem         Friedhof erledigt hat.
       Wichtig: Eine bisher für die Kirche tätige Person konnte gewonnen werden und wird         zukünftig das Rathausteam bei der Einarbeitung, Datenübernahme & Co. auf Basis eines         geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses unterstützen. 
6)        Langfristig: Neuausrichtung des Friedhofs i. B. auf zeitgemäße Bestattungsformen (insb.         Beisetzungsmöglichkeiten für Urnen, Nachnutzung freiwerdender Grabstellen, …). 


***
Räumlicher Umgriff der Verantwortungsübernahme:



Haushaltsrechtliche Auswirkungen:

Einmalige Einnahmen i. H. v. circa 30 TEUR (=> Übernahme des sog. „Friedhofs-Rücklagenkonto“ 
Laufende Aufwände vs. Einnahmen aus Grabverkäufen.

Ab 2024 Abbildung aller Kosten/Aufwände im Haushalt (neue Haushaltsstellen sind anzulegen). 



Beschlussvorschlag:

Der Gemeinderat beschließt
A)        dem Wunsch der Kirchenverwaltung nachzukommen und  Verantwortung für den bislang         kirchlichen Friedhof zum 1.1.24 zu übernehmen
B)        den Bürgermeister zu ermächtigen, die im Anhang beigefügte  „Zweckvereinbarung über         die Friedhofsträgerschaft“ zu unterzeichnen. Sollten seitens der Diözese noch Änderungen         an der Vereinbarung gewünscht werden, die nach Güterabwägung akzeptabel erscheinen,         kann der Bürgermeister die Vereinbarung auch einschl. der nachträglichen Änderungen         unterzeichnen, sodass die Vereinbarung zum 01.01.2024 in Kraft treten kann. 
C)        den Bürgermeister zu ermächtigen, den nach bereits erfolgter Ausschreibung zwischen         Kirchenverwaltung und Bestattung Engelmann verhandelten Bestattungsdienstvertrag         namens der Gemeinde zu unterzeichnen. 
D)        in den Stellenplan eine Teilzeitstelle (0,3 MAK, bis max. EG 7) für die laufende         Friedhofsverwaltung aufzunehmen.
E)        die im Anhang beigefügte Friedhofsbenutzungssatzung
F)        die im Anhang beigefügte Friedhofsgebührensatzung
G)        die im Anhang beigefügte Aufhebungssatzung der Leichenhausbenutzungssatzung
H)        die im Anhang beigefügte Aufhebungssatzung der Leichenhausgebührensatzung

Beschluss 1

Der Gemeinderat beschließt
dem Wunsch der Kirchenverwaltung nachzukommen und Verantwortung für den bislang kirchlichen Friedhof zum 1.1.24 zu übernehmen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 15, Dagegen: 0

Beschluss 2

Der Gemeinderat beschließt
den Bürgermeister zu ermächtigen, die im Anhang beigefügte  „Zweckvereinbarung über die Friedhofsträgerschaft“ zu unterzeichnen. Sollten seitens der Diözese noch Änderungen an der Vereinbarung gewünscht werden, die nach Güterabwägung akzeptabel erscheinen, kann der Bürgermeister die Vereinbarung auch einschl. der nachträglichen Änderungen unterzeichnen, sodass die Vereinbarung zum 01.01.2024 in Kraft treten kann. 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 15, Dagegen: 0

Beschluss 3

Der Gemeinderat beschließt
den Bürgermeister zu ermächtigen, den nach bereits erfolgter Ausschreibung zwischen Kirchenverwaltung und Bestattung Engelmann verhandelten Bestattungsdienstvertrag namens der Gemeinde zu unterzeichnen. 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 15, Dagegen: 0

Beschluss 4

Der Gemeinderat beschließt
in den Stellenplan eine Teilzeitstelle (0,3 MAK, bis max. EG 7) für die laufende Friedhofsverwaltung aufzunehmen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 15, Dagegen: 0

Beschluss 5

Der Gemeinderat beschließt
die im Anhang beigefügte Friedhofsbenutzungssatzung

Abstimmungsergebnis
Dafür: 15, Dagegen: 0

Beschluss 6

Der Gemeinderat beschließt
die im Anhang beigefügte Friedhofsgebührensatzung

Abstimmungsergebnis
Dafür: 15, Dagegen: 0

Beschluss 7

Der Gemeinderat beschließt
die im Anhang beigefügte Aufhebungssatzung der Leichenhausbenutzungssatzung

Abstimmungsergebnis
Dafür: 15, Dagegen: 0

Beschluss 8

Der Gemeinderat beschließt
die im Anhang beigefügte Aufhebungssatzung der Leichenhausgebührensatzung

Abstimmungsergebnis
Dafür: 15, Dagegen: 0

Datenstand vom 19.12.2023 09:51 Uhr