Bebauungsplan W 40 - Kemptener Straße zur An- bzw. Umsiedlung verschiedener Handelsmärkte; Vorstellung (Vor-)/Entwurf; Billigung und Einleitung Beteiligung der Öffentlichkeit, Behörden und sonstige Träger öffentlicher Belange


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Stadtrates, 15.12.2020

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat Sitzung des Stadtrates 15.12.2020 ö beschliessend 3

Sachverhalt

Seit 1984 ist die Fa. NORMA mit einem Lebensmitteldiscountmarkt an der Kemptener Straße in Füssen ansässig. Die Verkaufsfläche beträgt derzeit 372 qm - eine Fläche, die in keiner Weise einem modernen Lebensmittelmarkt entspricht und deshalb lt. Unternehmen seit Jahren nicht mehr kundenorientiert betrieben werden kann. Nach vorliegender Mitteilung erreichen den Betreiber immer wieder Beschwerden von Kunden, dass der Markt aufgrund seiner geringen Verkaufs- und Lagerfläche unaufgeräumt und unattraktiv wirkt.

Der Markt befindet sich zudem in einem Gebäude, das in städtebaulicher Hinsicht eine negative Wirkung auf das Orts- und Straßenbild vermittelt. Eine Neuordnung wäre dahingehend wünschenswert.

Es liegt nun die Anfrage vor, den Markt auf die südlich gegenüberliegende Straßenseite zu verlagern. Mit der Verlagerung soll eine den heutigen Ansprüchen genügende Größe und Gestaltung erreicht bzw. verbunden werden. Das Areal weist eine relativ große Tiefe auf, die eine gesamtheitliche Entwicklung notwendig macht. Wie sich in der Vergangenheit bereits gezeigt hat wäre sonst der Bau einer öffentlichen Straße in das Areal zur Erschließung erforderlich.

So wurde ein Konzept vorgelegt, das eine Verbindung mit weiteren Märkten vorsieht. Durch die Lage am Rand des Gebietes, das durch Wohnnutzung geprägt ist, stellt das Projekt zumindest in einem relevanten Teil einen Beitrag zur Nahversorgung dar.

Auszug aus der Vorhabensbeschreibung:

„Geplant sind die Errichtung von zwei räumlich getrennten erdgeschossigen Gebäuden mit Flach‐ oder Pultdachausführung im Süden und Westen des Grundstücksareals sowie eine gemeinschaftlich genutzte erdgeschossige Parkplatzanlage mit ca. 142 Stellplätzen (davon 4 Behinderten‐ und 5 Eltern‐Stellplätze). Die Zu‐ und Abfahrt zum Nahversorgungsstandort erfolgt über die Kemptener Straße.
In den vorgesehenen Gebäuden sind jeweils zwei Ladeneinheiten, also gesamt vier Mieteinheiten geplant. Das im Süden des Grundstücks angeordnete Gebäude ist für einen Lebensmittel‐ Discounter nach aktueller Planung „Norma“, mit ca. 1.200 m² Verkaufsfläche und für einen Anbieter im Segment „Tiernahrung/ Tierbedarf“ mit ca. 650 m² Verkaufsfläche vorgesehen. Das westliche Gebäude ist für einen Bio‐Lebensmittelmarkt mit ca. 650 m² Verkaufsfläche und einen Getränkemarkt mit ca. 700 m² Verkaufsfläche angedacht. Gesamt sieht die aktuelle Planung eine Verkaufsfläche von ca. 3.200 m² vor.“

Die Verträglichkeit der Handelsnutzung wurde gutachterlich untersucht und bestätigt. Das Ergebnis wurde vorab bereits mit der Regierung von Schwaben erörtert und dem Grunde nach als tragfähig erachtet. Das Gutachten behandelt auch die Kombinationswirkung im Bezug auf den Stellplatznachweis.

Desweiteren wurde eine Verkehrsuntersuchung in Auftrag gegeben. Nach derzeitigem Stand ist als Maßnahme zur Verbesserung die Einrichtung einer Fußgängerquerung vorgesehen, die voraussichtlich als Bedarfsampel gelöst werden soll.

Insgesamt ist eine Entwicklung über eine Bebauungsplanung geboten (Vorentwurf und gutachterliche Untersuchungen siehe Anlagen im Ratsinformationssystem). Aufgrund des unmittelbaren Vorhabensbezuges erfolgt dies in Abstimmung mit dem Projektentwickler in Verbindung mit einem städtebaulichen Vertrag. Wie in solchen Fällen üblich sind danach sämtliche projektbezogenen Kosten vom Vorhabenträger zu übernehmen.

Aufgrund von Vorberatungen wurde zwischenzeitlich auch untersucht, ob hier zusätzlich eine Wohnnutzung unterzubringen ist. Als Ergebnis wird antragstellerseitig folgendes vorgetragen:

a) Variante mit wohnwirtschaftlicher Obergeschossnutzung
Bereits im August 2019 wurde ein Variante erstellt, bei welcher versucht wurde, eine wohnwirtschaftliche Nutzung in Obergeschossen in das Konzept zu integrieren. Nachdem die ebenerdig geplanten Stellplätze für den Handel benötigt werden, war hierfür eine Tiefgarage vorgesehen. Diese Variante wurde schon damals aus folgenden Gründen nicht weiterverfolgt:
  • bzgl. der Problematik Schallschutz sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:
    • das Areal ist komplett von Gewerbegebieten mit teilweise auch lärmintensiveren Bestandsnutzungen umgeben. Dies führt einerseits zu Belästigungen der neuen Bewohner, andererseits aber auch zu erwartbaren Einsprüchen der umliegenden Betriebe, wenn deren Möglichkeiten, ihren Tätigkeiten nachzugehen wie sie bisher im genehmigten Gewerbegebiet möglich waren, durch den Schutz der dann neuen benachbarten Wohnungen eingeschränkt werden.
    • weiterer Lärm wirkt auf das Grundstück von der Kemptener Str. ein – täglich ca. 10.600 KFZ;
    • durch den Handel entsteht zusätzlicher Lärm/Immissionen: Anliefer- und Parkverkehr, Abladevorgänge, Einkaufswägen, Gespräche auf dem Parkplatz, etc.;
    • durch die Summe der Immissionen würden, um die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten, diverse Schallschutzmaßnahmen notwendig, z.B. schalldämmende Bauteile, Loggien bzw. Vorbauten vor Aufenthalts-/Schlafräumen oder sog. „Grundrissorientierungen“. Das ist gerade für kleine Wohnungen eher schwierig, da technisch aufwändig oder nur zu hohen Kosten realisierbar;
  • aus der Schallproblematik, der Bequemlichkeit mancher Bewohner bzgl. der Nutzung ebenerdiger Parkplätze und weiteren Aspekten heraus sind Konflikte zwischen den Wohnungsinhabern und den Betreibern der Einzelhandelsgeschäfte absehbar.

b) „Betriebsleiterwohnungen“
In Gewerbegebieten sind nach der BauNVO regelmäßig keine Wohnungen zulässig. Eine Ausnahme gilt für sog. „Betriebsleiterwohnungen“ (§ 8 Abs. III Nr. 1 BauNVO). Die Voraussetzungen für die Schaffung dieser Spezialwohnungen werden bei diesem Projekt allerdings nicht als gegeben angesehen. Solche Wohnungen dürften eben nur von den Leitern der ansässigen Betriebe bewohnt werden – es muss also eine personelle Beziehung des Nutzers der Wohnung zum Betrieb bestehen. Dies ist bei den geplanten Handelsbauten regelmäßig nicht der Fall. Selbst wenn Gewerbetreibende auf dem Grundstück wohnen wollten, dürften die Wohnungen lt. Gesetz nur - gegenüber dem Gewerbebetrieb selbst - in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sein. D.h., dass die Wohnungen nur einen Bruchteil der Fläche der Gewerbebetriebe haben dürften. Zur Schaffung von Wohnraum ist diese Ausnahmeregel somit nicht geeignet.

In einer Rücksprache am 03.12.2020 wurden die Bedenken seitens des Landratsamtes Ostallgäu geteilt:
  • Lage inmitten eines Bereiches der von gewerblichen Nutzungen geprägt ist.
  • Problem des Schallschutzes
  • Problem, eine korrekte Gebietsart festzusetzen:
    - Mischgebiet scheidet wegen der Großflächigkeit der Handelsnutzung mit
      zentrenrelevanten Sortimenten aus;
    - Gewerbegebiet dto. und dort keine uneingeschränkte Wohnnutzung möglich (s. o.).
    - Urbanes Gebiet: Im Hinblick auf die großflächigen Handelsbetriebsformen nicht gegeben;
       eine andere Struktur der Betriebsarten und –größen wäre notwendig;
    - Sondergebiet: an der Stelle mit Wohnnutzung nicht vertretbar.

Beschlussvorschlag

Dem Antrag von Dr. Anni Derday stimmt der Stadtrat zu.

Diskussionsverlauf

Herr Kübelböck trägt anhand einer Präsentation sein Bauvorhaben vor.

Aus der Mitte des Stadtrates wird bemängelt, dass hier eine Ausfahrt auf die Kemptener Straße führe. Keine andere Stelle sei so befahren wie diese. Es wird gebeten hier eine gute Lösung für die Ausfahrt zu finden.

Außerdem sei der Flächenverbrauch für die vielen Parkplätze viel zu hoch. Besser wäre ein Parkhaus bzw. eine Tiefgarage. Die Investoren befürchten, keine Akzeptanz der Geschäfte, wenn sie nicht direkt dort parken können. Das Landesplanungsgesetz, schreibe eine Halbierung der Flächen vor.

Zu bedenken sei weiterhin, dass 300 m weiter ein Discounter sei, bei dem die Parkplätze niemanden interessiert haben. Erst jetzt sind die Parkplätze ein Problem, obwohl hier ein perfekter Mix von Geschäften entstehen soll.

Dr. Anni Derday stellt den Antrag zur Geschäftsordnung, diesen Tagesordnungspunkt heute zu vertagen, dass mit den Mietern über die Ausgestaltung der Parkplätze erneut verhandelt werden könne.

Beschluss

Dem Antrag von Dr. Anni Derday auf Vertagung stimmt der Stadtrat zu.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 14, Dagegen: 6

Datenstand vom 27.01.2021 06:27 Uhr