Interkommunales Kompensationsmanagement; Information über aktuellen Sachstand


Daten angezeigt aus Sitzung:  95. Sitzung des Stadtrates Heilsbronn, 22.05.2019

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat Heilsbronn 95. Sitzung des Stadtrates Heilsbronn 22.05.2019 ö 6

Sachverhalt/Begründung/Rechtslage:

Über die Idee eines interkommunalen Kompensationsmanagements wurde erst- und letztmalig in der Sitzung des Stadtrates am 06.02.2019 informiert. Herr Christ stellt dem Stadtrat nochmal den Sachverhalt ausführlich vor.
Zwischenzeitlich haben hierzu weitere Sitzungen in Erlangen am 26.02., 20.03., 02.04. und zuletzt am 02.05.2019 stattgefunden. In diesen Sitzungen hat sich herauskristallisiert, dass ein Spannungsfeld zwischen Ballungsraum und ländlichen Raum besteht, welches in konstruktiver Zusammenarbeit schwerlich überwunden werden kann.
Die Stadt Erlangen teilt in den anberaumten Sitzungen wiederholt mit, dass Ziel eine Zusammenarbeit zur Bewältigung gemeinsamer Problemstellungen sein soll. Weiter würde auch die Stadt Erlangen Flächen in einen gemeinsamen Flächenpool einbringen. Die Stadt Herzogenaurach teilte überdies mit, dass potenzielle Ausgleichsflächen im eigenen Stadtgebiet und in städtischem Eigentum nicht verfügbar wären und Flächen daher nicht eingebracht werden könnten.
Auch wenn im ländlichen Raum, bezogen auf die Stadt Heilsbronn, eine zunehmende Flächenverknappung festgestellt wird, so können notwendige Ausgleichsflächen auf stadteigenen Flächen grundsätzlich in der erforderlichen Dimension bereitgestellt werden. Hinsichtlich eines gemeinsamen Kompensationsmanagements würde die Stadt Heilsbronn auch grundsätzlich über Flächen verfügen, die nicht als städtische Ausgleichsflächen benötigt würden und im Grunde anderen Gemeinden zur Verfügung gestellt werden könnten.
Modell Interkommunales Kompensationsmanagement
Das gemeinschaftliche Management soll auf Vereinsbasis organisiert werden. Der Verein soll vorrangig für die Vermittlung von Ausgleichsflächen tätig werden. Denkbar wäre auch, dass der Verein externe Dritte (bspw. Landschaftsarchitekturbüros) hinzuzieht und im Einzelfall – gegen finanzielle Entschädigung – die Planung sowie die Pflege von Ausgleichsmaßnahmen übernimmt.
Hierzu ist kritisch anzumerken, dass die Stadt Heilsbronn den ökologischen Ausgleich bisher in Zusammenarbeit mit entsprechenden Architekturbüros bzw. dem Landschaftspflegeverband Mittelfranken erbringt. Eine finanzielle oder personelle Ersparnis im Falle eines gemeinschaftlichen Kompensationsmanagements ist daher nicht ersichtlich, da auch im Falle der Mitgliedschaft für die konkrete Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen externe Dritte gegen Aufwandsentschädigung hinzugezogen werden müssten.
Eine Mitgliedschaft zum Zwecke der Flächenvermittlung ist für die Stadt Heilsbronn darüber hinaus nicht zweckmäßig, da die Stadt Heilsbronn aktuell keine Notwendigkeit für die Vermittlung von Ausgleichsflächen auf Gemeindegebiet anderer Gemeinden erkennt. Im Falle einer Mitgliedschaft wäre die Stadt Heilsbronn daher in der Situation, lediglich Flächen für andere Gemeinden zur Verfügung zu stellen. Selbst im unwahrscheinlichen Falle einer Willensbekundung, Flächen für andere Gemeinden anzubieten, wäre eine Mitgliedschaft (unter Zahlung von Mitgliedsbeiträgen) nicht notwendig, da Flächen auch ohne Teilnahme an andere Gemeinden angeboten werden könnten.
Beitragsfinanzierung
Für die Tätigkeit des Vereines bzw. dessen Geschäftsstelle werden aktuell 1,5 Stellen mit jährlichen Lohn- und Sachaufwandskosten von etwa 150.000 € geschätzt. Die anfallenden Kosten wären durch die partizipierenden Mitgliedsgemeinden mittels Mitgliedsbeiträgen zu decken. Angedacht ist ein einwohnerzahlabhängiger Mitgliedsbeitrag. Die konkrete Höhe der Mitgliedsbeiträge korrespondiert mit der Anzahl der teilnehmenden Gemeinden sowie deren Einwohnerzahl und kann daher nur schwer abgeschätzt werden.
Die Kosten im Falle der Inanspruchnahme des Vereines für die Flächenvermittlung oder zusätzliche Planungs- oder Unterhaltsleistungen wären aufwandsentsprechend zu erstatten, d.h. im Falle einer Mitgliedschaft entstünden über den jährlichen Mitgliedsbeitrag hinaus weitere Kosten.
Auch hier erkennt die Verwaltung keine Notwendigkeit für eine Mitgliedschaft, da die zusätzlichen Leistungen nach Aufwand zu erstatten wären. Derzeit sind die entsprechenden Planungs- oder Unterhaltungsarbeiten gleichermaßen, jedoch direkt an beauftragte Dritte, zu erstatten.
Eine Möglichkeit, hierzu Abhilfe zu schaffen, wäre eine beitragsfreie Mitgliedschaft für Gemeinden, die lediglich Flächen für andere Gemeinden anbieten, selbst jedoch nicht auf Flächen anderer Gemeinden zugreifen. Die laufenden Kosten wären in diesem Fall beispielsweise derart zu decken, dass nur diejenigen Gemeinden, die nach einer Flächenvermittlung ersuchen, die laufenden Kosten mittels Mitgliedsbeiträgen decken. Zur laufenden Liquidität könnten Vorauszahlungen aller teilnehmenden Gemeinden erhoben werden, die nach Ablauf des Kalenderjahres bei Nichtinanspruchnahme des Vereins anteilig oder in voller Höhe rückerstattet werden (Beitragsrückerstattungsmodell).
Geschäftsordnung
In der Beratung aus Sicht der Verwaltung bisher leider nur unzureichend diskutiert wurde die Ausgestaltung einer Geschäftsordnung des zu gründenden Vereines.
Die Vereinssatzung wurde bewusst inhaltlich knapp formuliert (im Wesentlichen: Struktur des Vereines, Mitgliedschaft, Geschäftssitz, Beitragsfinanzierung). Über die Konkrete Arbeitsweise sowie die Grundsätze einer Zusammenarbeit enthält diese nur unzureichend Inhalte.
Entsprechende Regelungen sollen in der Geschäftsordnung formuliert werden. Aus Sicht der Stadt Heilsbronn wurde seitens der an einer Mitgliedschaft interessierten Gemeinden bisher nur bedingt Bedarf geäußert, sich intensiv hierzu auszutauschen. Die Kommunen, für die eine Teilnahme denkbar wäre, äußerten sich hierzu dahingehend, dass zunächst über eine Mitgliedschaft in den kommunalen Gremien beraten werden sollte und anschließend die Grundsätze einer Zusammenarbeit ausgearbeitet werden sollten. Aus Sicht der Verwaltung verfehlt dieses Vorgehen jegliche konstruktive Zusammenarbeit. Eine Mitgliedschaft wäre ausgeschlossen, soweit die Rahmenbedingungen nicht bekannt wären.
Seitens der Stadt Heilsbronn wurde im Rahmen der Lenkungsgruppensitzung am 02.04.2019 ausdrücklich mitgeteilt, dass in einer Mitgliedschaft keine Vorteile erkannt werden, eine Mitgliedschaft jedoch die zu erwartenden Nachteile abmildern könnte. Daher wäre Bestrebung, eine Mitgliedschaft über entsprechende Regelungen der Geschäftsordnung hinnehmbar zu gestalten.
Vorteil einer Mitgliedschaft
Die Stadtverwaltung erkennt Vorteile einer Mitgliedschaft nur schwerlich. Der Ballungsraum verweist wiederholt auf die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit, da ansonsten Dritte, die Ausgleichsflächen benötigen (Autobahndirektion, Staatsbauverwaltung, Deutsche Bahn), ungeregelt auf private Flächen zugreifen könnten, ohne dass eine Mitsprache der Standortgemeinden möglich wäre. Würde im Rahmen einer kommunalen Zusammenarbeit eine Plattform geschaffen, auf der geordnet auf kurzfristig verfügbare Flächen zugegriffen werden könnte, so würden sich nach Ansicht des Ballungsraumes Dritte auch an diese Plattform wenden.
Inwiefern diese Einschätzung zutreffend ist, vermag die Verwaltung aktuell nicht einschätzen. Allerdings wird im Falle einer Mitgliedschaft nicht verhindert, dass Gemeinden oder Dritte private Flächen als Ausgleichsflächen im Stadtgebiet Heilsbronn erwerben/pachten.
Konkrete Vorteile im Falle einer Mitgliedschaft wären gesehen worden, würde ein gemeinsames Ökokonto eingerichtet, da dann Aufwand für Betreuung, Flächenermittlung, Planung und Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen sowie deren Unterhaltung an den Verein abgegeben und damit Verwaltungskapazitäten eingespart werden könnten. Nachdem der Verein aktuell jedoch vorrangig der Flächenvermittlung dienen soll und die Planung sowie die Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen nur unter Hinzuziehung dritter Auftragnehmer und gegen Kostenerstattung möglich wären, sind keine Vorteile aus einer Mitgliedschaft ersichtlich.
Nachteil einer Mitgliedschaft
Finanziell wäre die Mitgliedschaft mit der Leistung eines Mitgliedsbeitrages verbunden. Weiter wären im Falle einer Teilnahme sicherlich auch Flächen dem Flächenpool mitzuteilen. Nachdem aktuell kein Bedarf für Ausgleichsflächen auf  fremdem Gemeindegebiet gesehen wird, würde die Stadt Heilsbronn ausnahmslos Flächen zur Verfügung stellen.
Soweit bedeutende Infrastrukturprojekte (Ausbau Bundesautobahn A 6) Ausgleichsflächenbedarf auslösen, so wären u.U. städtische Flächen bereits durch andere Gemeinden belegt, sodass eine zunehmende Flächenverknappung eintreten würde.
Nachteil im Falle einer Nichtteilnahme
Die Stadt Heilsbronn wird am weiteren Planungsprozess nicht weiter partizipieren können, soweit eine Mitgliedschaft abgelehnt wird. Derzeit kann auf den Planungsprozess eingewirkt und Rahmenbedingungen (Geschäftsordnung) mitberaten werden.
Soweit sich die teilnehmenden Gemeinden auf eine Selbstbindung dahingehend einigen, nur auf Flächen zuzugreifen, die dem Flächenpool angehören, so könnte dem ungehinderten Flächenaufkauf im ländlichen Raum entgegengewirkt werden. Dies stellt aus Sicht der Verwaltung den wesentlichen Inhalt einer kommunalen Zusammenarbeit dar. Befürchtet wird, dass die zunehmende Flächenknappheit in den Ballungsräumen nachhaltig dazu führen wird, dass Ausgleichsflächen zu verhältnismäßig günstigen Preisen im ländlichen Raum erworben werden. Genau dieser Entwicklung soll entgegengewirkt werden. Jedoch muss abermals in Zweifel gestellt werden, ob das vorliegende Modell eines interkommunalen Kompensationsmanagements hier richtige, ausgleichende und nachhaltige Lösungsansätze schafft.
Ausblick
Die Stadtverwaltung sieht sich aktuell außer Stande, dem Stadtrat zu einer Mitgliedschaft zu raten. In der Gesamtbetrachtung vermögen die seitens der Städte Erlangen und Herzogenaurach dargestellten Erwägungen, weswegen eine kommunale Zusammenarbeit notwendig würde, nicht überzeugen. In den anberaumten Sitzungen wurde vielmehr der Eindruck gewonnen, dass nicht der gesamte Ballungsraum dringendes Interesse an einer Zusammenarbeit hegt, sondern Initiative vornehmlich seitens der Städte Erlangen und Herzogenaurach ausgeht.
Es handelt sich um eine grundlegende Frage der Stadt-, jedoch auch der Landesentwicklung, da anzunehmen ist, dass weitere Entwicklungen des Ballungsraumes nur auf Kosten des ländlichen, ausgleichsflächenreichen Raumes möglich sein werden. Aus Sicht der Verwaltung handelt es sich bei dem im Raum stehenden Modell eines übergemeindlichen Kompensationsmanagements nicht um ein geeignetes Instrumentarium, das zunehmende Spannungsfeld zwischen Ballungsraum und ländlichen Raum zu beseitigen.
Aus den bisherigen Gesprächsrunden konnte die Erkenntnis gewonnen werden, dass der Ballungsraum aufgrund der stattgefundenen Entwicklungen und des aktuell weiteren Bedarfs nach städtebaulicher Weiterentwicklung einen immensen Bedarf nach Ausgleichsflächen besitzt. Künftige Entwicklungen sind schwer abschätzbar, jedoch wird seitens der Verwaltung angenommen, dass sich der Ausgleichsflächenbedarf auch deswegen verstärken wird, da die naturschutzfachlichen Auflagen zunehmen werden. Höhere Kompensationsfaktoren (bisher i.d.R. 0,35 – 0,4 im Stadtgebiet Heilsbronn) im Falle von naturschutzrechtlichen Eingriffen werden daher erwartet, d.h. für gleiche Eingriffe werden künftig größere Ausgleichsflächen benötigt.
Der Ballungsraum drängt bereits zum heutigen Z eitpunkt auf Flächen des ländlichen Raumes (Ankauf, Pacht). Wird dieser Entwicklung nicht entgegengewirkt, entsteht zwangsläufig eine Verflechtung, die nachhaltig die Grundstückspreise des Ballungsraumes in gewissem Maße stabil halten kann, gleichermaßen jedoch die Grundstückspreise des ländlichen Raumes ansteigen lassen wird.
Soweit private Grundstückseigentümer den Markt nach Ausgleichsflächen flächendeckend annehmen und die Flächen des ländlichen Raumes dem Ballungsraum zur Verfügung stellen, so schränkt dies die Entwicklungsmöglichkeiten ländlicher Gemeinden (auch der Stadt Heilsbronn) nachhaltig ein.
Im Rahmen einer internen Besprechungsrunde betroffener Gemeinden des Landkreises Ansbach am 17.05.2019 wurde die Gründung einer Arbeitsgruppe vorgeschlagen, die, bestehend aus wenigen Verwaltungsmitarbeitern und Bürgermeistern der betroffenen Gemeinden des Landkreises Ansbach, an einer gemeinschaftlichen Problemlösung arbeiten soll. Interesse an einer Mitgliedschaft des im Raum stehenden Vereines wurde seitens keiner Gemeinde des Landkreises Ansbach geäußert. Die Arbeitsgruppe soll Strategien entwickeln, wie dem ungehinderten Flächenerwerb im ländlichen Raum entgegengewirkt wird. Weiter wurde besprochen, über den Bayerischen Gemeindetag eine Interessenwahrung vorzunehmen und auf diesem Wege ggf. eine politische/gesetzgeberische Lösung zu erarbeiten.
Ein konkreter Beschluss, an einer Mitgliedschaft nicht interessiert zu sein, sollte nach Ansicht der Verwaltung zum aktuellen Zeitpunkt nicht gefasst werden, da trotz der ablehnenden Haltung an den weiteren Sitzungen bzgl. des interkommunalen Kompensationsmanagements mitgewirkt werden sollte.

Dient zur Kenntnis.

Datenstand vom 08.07.2019 15:48 Uhr